Mehr Gratisstipendien für die Privilegierten

GEW-HOCHSCHULPROGRAMM Eine Uni-Anhörung zeigt: Alle Lager wollen mehr Studenten und mehr Geld – aber die Wege gehen auseinander. Studentenverband fzs fordert Exklusivstipendien für Studierende

„Das wäre ein unverantwortlicher egoistischer Griff in die Kasse des Staates“

BERLIN taz | Hunderttausende hatten gerade für bessere Bildung demonstriert, ein knappes Hundert blieb nun davon über, um das neue wissenschaftspolitische Programm der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu diskutieren. Unter der Oberfläche gibt es großen Dissens – über die Frage, wem Bildungsunrecht widerfährt.

Ja, ja, ja – das Podium in Berlins Katholischer Akademie nickte brav die Forderungen ab, welche im Hochschulland Deutschland alle eint: „Wir brauchen dringend den Ausbau des Hochschulsystems“, sagte Margret Wintermantel, „weil wir mehr sehr gut ausgebildete Leute haben wollen.“ Diesem Resumee der Präsidentin der Hochschulrektoren stimmten alle zu – vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) über Studenten und Frauenbeauftragter bis hin zum Wissenschaftsrat.

Im Detail gehen die Ideen über eine demokratische, offene und gute Hochschule, wie die GEW sie will, weit auseinander. Es geht darum, wer gemeint ist, wenn man von Ungerechtigkeit in der Bildung spricht.

Die Studierenden des fzs, freier zusammenschluss der studentinnenschaften, verlangten ein bedingungsloses Abschaffen der Studiengebühren. Kein Wunder. Doch schon da deuteten sich erste Haarrisse in der Einigkeit an. Nicht nur das CHE, der Wissenschaftsrat und die Rektoren warnen davor, selbst die Bundeskonferenz der Frauenbeauftragen, so Marianne Kriszio, „hat keine 100-prozentig ablehnende Haltung zu den Gebühren“.

Aber die Studenten wollen ja noch viel mehr. Sie verlangen, der ausgewählten Schar von Studierenden (knapp 40 Prozent eines Jahrgangs) ein Bafög für alle zu spendieren – elternunabhängig und mit einem möglichst hohen Zuschussanteil.

„Wir sind an den Hochschulen in einem privilegierten Status“, warnte Klaus Niederdrenk vom Wissenschaftsrat vor der Rücknahme von Studiengebühren und dem Aushändigen von Stipendien. „Das wäre ein unverantwortlicher egoistischer Griff in die Kasse des Staates.“ Niederdrenk erinnerte an die 70er-Jahre, als man die Ungerechtigkeit des gesamten Bildungssektors zum Thema gemacht habe – nicht nur die in den Unis. Und selbst Rolf Dobischat, Präsident des Studentenwerks, ließ erkennen, dass auch seine Organisation „die Frage der Exklusion“ nicht mehr nur auf die Studenten bezieht. „Das ist keine Frage der Hochschulen – das fängt viel früher an, in den Kindergärten und Schulen.“ CIF

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