der fall jessica
: Spiel mit dem Feuer

Nach dem Tod eines Kindes wirkt es schnell geschmacklos, wenn Kritiker politische Schlüsse ziehen. Aber der Zusammenhang zur Kinderpolitik der jüngsten Zeit drängt sich auf. Denn es gab in dieser Stadt ein breites Netz von Kitas in sozialen Brennpunkten, das dafür sorgte, dass es den Kindern arbeitsloser Eltern in tristen Hochhausvierteln zumindest tagsüber besser ging. Dieses Netz aber wurde kräftig beschnitten.

Kommentarvon Kaija Kutter

„Sozialhilfeempfänger können selbst auf ihre Kinder aufpassen“, erklärte Ex-Bildungssenator Rudolf Lange und reduzierte ihre Ansprüche. Seine Nachfolgerin erhebt nun Gebühren für Vorschulen mit der Folge, dass manche dieser Kinder auch dieses Angebot nicht mehr erreicht. Der Bürgermeister verspricht „extrem maßvolle“ Kita-Gebührenerhöhungen, seine Stellvertreterin fordert wenige Tage später 13 Euro Essensgeld von allen Kindern – egal ob arm oder reich.

All dies hätte, wäre es verhindert worden, der kleinen Jessica vermutlich nicht das Leben gerettet. Aber ihr Tod ist ein Warnsignal, dass hier mit dem Feuer gespielt wird. Politik hat dafür da zu sein, arme und sozial ausgegrenzte Familien aus der Isolation zu holen. Kitas sind das niedrigschwellige Angebot schlechthin, sie müssen für alle Kinder jeden Alters unabhängig vom Geldbeutel der Eltern und ohne Ämterschikane da sein.

Abgesehen davon hat die Senatorin der Schulbehörde die Verantwortung dafür, dass Jessica nicht eingeschult wurde. Die Zuständigkeit für ein Kind endet nicht am Klingelknopf einer Haustür.