Gekapert

Die Filesharing-Seite Pirate Bay wird verkauft. Downloads sind in Zukunft legal – und teuer

Die Kommentare der UserInnen im „Pirate Bay“-Blog klingen vorwiegend enttäuscht. Manche sind wütend, manche signalisieren Verständnis, andere werfen den Betreibern Geldgier vor. Die berühmt-berüchtigte Filesharing-Seite thepiratebay.org wird bald Geschichte sein. Monatelang war im Stillen verhandelt worden und am Dienstag kam der Bescheid: „Pirate Bay“ wechselt den Eigentümer und wird in der jetzigen Form nicht weitergeführt werden.

Die schwedische IT-Firma Global Gaming Factory X (GGF) hat angekündigt, den weltweit größten Bit-Torrent-Tracker für umgerechnet 5,5 Millionen Euro kaufen zu wollen. Und Pirate-Bay-Pressesprecher Peter Sunde bekräftigte: Vorausgesetzt, die noch ausstehenden Detailfragen würden gelöst, werde es zum Verkauf kommen. Formal soll dieser im August abgewickelt werden.

Der Kaufpreis soll nicht an die jetzigen Betreiber der Seite, sondern in einen Fonds fließen. Daraus sollen Internetaktivitäten „netzpolitischer Natur“ finanziert werden. Mit dieser Konstruktion soll offensichtlich auch verhindert werden, dass es der Musik- und Filmbranche gelingt, den Schadensersatz in Höhe von ca. 2,7 Millionen Euro aus dem Kaufpreis einzutreiben, zu dessen Zahlung die „Pirate Bay“-Macher von einem Gericht in Stockholm verurteilt worden waren.

Einen Zusammenhang zwischen dem Verkauf und dem Gerichtsverfahren verneint Peter Sunde. Er und die anderen Betreiber wollten sich anderen Projekten zuwenden. Es sei Zeit, dass „frische Kräfte“ Pirate Bay übernehmen würden. Die Seite sei in den letzten Jahren kaum weiterentwickelt worden: „Was sich im Netz nicht entwickelt, das stirbt. Und das wollen wir vermeiden.“

Um den Käufer, die Softwarefirma GGF, die zuletzt mehr Verlust als Gewinn machte, gibt es Fragezeichen. Nicht nur, wie sie den Kauf finanziert – angeblich gibt es interessierte Investoren –, sondern auch, was sie mit der Warenmarke und der Webseite anfangen will. In einer wirren Präsentation erklärte GGF-Chef Hans Pandeya, die Seite müsse bis zum Kauf frei von illegalen Downloadmöglichkeiten sein. Andererseits hofft er, die bisherigen NutzerInnen mit legalen Downloads bei der Stange halten zu können. Die Ausgestaltung ist völlig unklar, Abkommen mit den Inhabern der Urheber- und Vertriebsrechte der Unterhaltungsbranche sind noch nicht getroffen worden. Die Möglichkeit, derartige Verhandlungen in vier Wochen abschließen zu können, bezeichnen Branchenkenner als illusorisch.

Pirate Bay hatte in den vergangenen Jahren fast eine Oligopolstellung in der Filesharing-Welt errungen, die auch ohne ihr „Flaggschiff“ weiterleben wird. Das Verkaufsmanöver könnte ein Versuch sein, wieder zu mehr dezentralen und damit weniger verletzbaren Strukturen zu kommen.

REINHARD WOLFF