Haft für rechtsextreme Terroristen

Im Potsdamer „Freikorps“-Prozess ergehen harte Urteile: Die Gruppe, die Anschläge gegen Geschäfte von Zuwanderern verübt hat, wird als terroristische Vereinigung eingestuft, der Haupttäter muss auf Jahre ins Gefängnis. Gericht: „Signal an Neonazis“

VON ANJA MAIER

Es hat ihnen alles nichts genützt. Die von der Verteidigung als „Jungbullenherde“ verharmloste rechtsextreme Kameradschaft „Freikorps“ ist in Potsdam wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden.

Das Brandenburger Oberlandesgericht hat gegen alle zwölf Angeklagten Haftstrafen verhängt, die bis auf eine zur Bewährung ausgesetzt sind: Der Hauptangeklagte, der 20-jährige Christopher H., muss für viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Damit folgt das Oberlandesgericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Gegen H.s elf Mittäter ergingen Bewährungsstrafen zwischen acht Monaten und zwei Jahren.

Die Jugendlichen, die zur Tatzeit zwischen 14 und 19 Jahre alt waren, haben zwischen August 2003 und Mai 2004 zehn Brandanschläge auf Geschäfte und Imbisse von Zuwanderern verübt und einen Sachschaden von 800.000 Euro verursacht. Zuvor hatten sie die Terrorgruppe „Freikorps“ gegründet und ihr Ziel, das Havelland „ausländerfrei“ zu machen, in einer Satzung niedergelegt. Dazu bestimmten sie einen Schriftführer, den Verurteilten Patrick P., sowie einen Kassierer, Michael R.

Während des Prozesses hatten die Anwälte der Angeklagten den Tatvorwurf „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ nach Paragraph 129a StGB vehement bestritten und versucht, ihre Mandanten als fehlgeleitete Opfer des Hauptangeklagten hinzustellen. Zudem stellten sie in ihren Plädoyers wahlweise auf den Alkoholpegel der Jugendlichen zur Tatzeit oder die schwierige soziale Situation in Ostdeutschland ab.

In der Urteilsbegründung heißt es nun deutlich, wer Mitbürgern aus Fremdenhass das Recht abspreche, am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, störe vorsätzlich die Grundlage des freiheitlichen Zusammenlebens und stelle sich auf eine Stufe mit rassistischen Verbrechern. Die Vorsitzende Richterin sprach von einem „Signal an alle Neonazis“, die sich aus der rechtsextremen Szene zurückziehen wollten.

Die Angeklagten hätten „wie viele Jugendliche im Havelland“ eine ausländerfeindliche Einstellung. In der Schule habe es keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem offen rechtsextremen Auftreten des Hauptangeklagten gegeben, der zur Tatzeit sein Abitur ablegte. Ob sich die Angeklagten, wie vor Gericht erklärt, wirklich von ihrem rechtsextremen Denken gelöst haben, „bleibe nur zu wünschen“, sagte die Vorsitzende Richterin.

Der Verein Opferperspektive fordert nun vom Land ein „eindeutiges Signal“. Die Geschädigten hätten auch nach den Anschlägen ihre Geschäfte weiterbetrieben. „Aber in großer Angst“, wie Kai Wendel, Sprecher der Initiative, der taz sagt. Das Land möge für die Geschäfte, die nur zu astronomischen Summen versicherbar seien, einen Bürgschaftsfonds auflegen. Für Opfer von Körperverletzungen durch Rechtsextreme gebe es dieses Modell bereits, das bei der Bundesanwaltschaft angesiedelt sei. Das Land könne sich die Kosten „von den Tätern zurückholen“.

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