Ganz nüchterne Weltverbesserer

ENTWICKLUNGSHILFE Oxfam und die Toten Hosen erinnern die G-8-Staaten an ihre Versprechen

BERLIN taz | Als das Unterfangen Gefahr lief, von den Fragen der Journalisten torpediert zu werden, holte Campino von den Toten Hosen aus. „Bei den Protesten gegen die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf sind wir auch nicht in Selbstzweifeln versunken – und die 100.000 Demonstranten waren definitiv ein Erfolg.“ Dies entgegnete Campino auf die kritische Frage, welchen Einfluss es denn wohl auf die G-8-Staaten habe, wenn seine Fans auf seinen Aufruf hin den Oxfam-Aufruf unterschreiben, und setzte hinzu: „Die meisten waren jedenfalls nicht betrunken und haben sich vorher über Oxfam informiert.“

Die immerhin 54.000 Unterschriften hat die Entwicklungsorganisation Oxfam seit November 2008 auf der Deutschlandtour der Rockband gesammelt. Sie sind mit der Forderung verbunden, dass Deutschland und die anderen G-8-Staaten ihre Versprechen zur Steigerung der Entwicklungshilfe halten. Am Freitag übergab Oxfam zusammen mit den Toten Hosen die Unterschriften an Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, mit dabei acht Frauen, die an der Spitze von Oxfams Kampagne „Gesundheit und Bildung für alle“ stehen.

2005 auf dem G-8-Gipfel in Gleneagles hatten die acht größten Industrienationen beschlossen, bis zum Jahr 2010 die Entwicklungshilfe um knapp 36 Milliarden Euro zu erhöhen. Das entspräche dann 0,51 Prozent der Wirtschaftsleistung. Daran will Oxfam nun eine Woche vor Beginn des G-8-Gipfels im italienischen L’Aquila erinnern. Während die Beiträge der 22 größten Geberländer laut OECD seit 2005 sanken, stiegen Deutschlands Beiträge. Im Jahr 2009 liegen sie bei 5,8 Milliarden Euro, das entspricht etwa 0,41 Prozent der Wirtschaftsleistung. Wieczorek-Zeul sagte: „Wir stehen zu dem 0,51-Prozent-Ziel.“ Wie das erreicht werden soll, sagte sie jedoch nicht. MILAN JAEGER