Die Aktionäre haben das Sagen

EU und OECD geben die Richtung an: Spitzengehälter sollen auf den Tisch, denn die Unternehmen gehören nicht den Vorständen. Selbst die Schweiz legt Bezüge offen

BERLIN taz ■ Als Argumentationshilfe sind internationale Beispiele stets beliebt. Und tatsächlich: Managementgehälter sind in allen Industriestaaten ein Thema. So verabschiedete die EU-Kommission dazu erst im letzten Herbst eine Empfehlung. Nach heftigem Widerstand der Firmen wurde sie jedoch abgeschwächt. Zudem handelt es sich nicht um eine bindende Richtlinie.

Die Empfehlung rät den Mitgliedsstaaten, „angemessene Maßnahmen“ zu ergreifen, damit börsennotierte Unternehmen individuell über die Chefgehälter informieren. „Die Aktionäre sind das Unternehmen, nicht das Management“, befand EU-Kommissar Frits Bolkestein.

Einige der Vorschläge: Feste und variable Gehaltsteile müssten gesondert ausgewiesen werden. Außerdem sollen die Leistungskriterien genannt werden, die über Boni und Aktienoptionen entscheiden. Gleichzeitig definiert die Empfehlung, was alles als Gehaltsbestandteil zu gelten hat – außer Klassikern wie der monatlichen Überweisung sind dies auch Aktien, Altersversorgungssysteme oder Bürgschaften.

Neben der EU wurde auch die OECD im letzten Jahr aktiv. Die Industriestaaten beschlossen ein 87-seitiges Papier über die „Grundsätze der Corporate Governance“. Allerdings blieben die Empfehlungen zur Transparenz sehr vage, um überhaupt einen Konsens zu ermöglichen: „Von den Unternehmen wird generell erwartet, dass sie Informationen über die Vergütungen der Board-Mitglieder und der Geschäftsführung zur Verfügung stellen.“

Auch in den Einzelstaaten rumort es: Erst vor zehn Tagen hat man sich in der Schweiz mit den Managementbezügen in börsennotierten Unternehmen befasst. Der Nationalrat beschloss, dass künftig zumindest das höchste Gehalt einzeln ausgewiesen werden muss, das an ein Vorstandsmitglied gezahlt wird – es dürfte meist das Salär des Konzernchefs sein.

Einige Länder sind allerdings weiter. In den USA, den Niederlanden, in Kanada, Großbritannien, Irland, Frankreich, Italien und Schweden ist längst vorgeschrieben, dass Managementgehälter einzeln auszuweisen sind. Allerdings sind die Erfahrungen nicht nur positiv, worauf deutsche Industrievertreter gern hinweisen: In den USA und Großbritannien setzte eine „Nivellierung nach oben“ ein. Nachdem die Führungskräfte plötzlich so genau erfahren konnten, was die Konkurrenz verdient, setzten sie mit dieser Information ihre Aktionäre unter Druck und verlangten höhere Gehälter.

ULRIKE HERRMANN