Kieler Koalitionsvertrag steht

Rot-Grün will es in Schleswig-Holstein noch mal wagen. Nun muss der SSW auf seinem Parteitag entscheiden, ob er die Minderheitsregierung unterstützt

KIEL dpa ■ Knapp drei Wochen nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein haben sich SPD und Grüne auf einen neuen Koalitionsvertrag geeinigt. Die Bündnispartner, die seit 1996 in Kiel regieren, räumten in der Nacht zum Freitag in einem Sitzungsmarathon die letzten Streitpunkte aus. Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) rechnet trotz fehlender Mehrheit für Rot-Grün mit einer stabilen Koalition.

Mit Vertretern des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW) wurde über eine „Tolerierungsvereinbarung“ verhandelt. Endgültig will die Partei der dänischen und nordfriesischen Minderheit auf einem Parteitag am Samstag entscheiden, ob sie eine rot-grüne Minderheitsregierung unterstützt. Die Regierung soll am Donnerstag nach der Ministerpräsidentenwahl vereidigt werden, bei der CDU-Fraktionschef Peter Harry Carstensen gegen Simonis antritt.

Rot-Grün beschloss den sukzessiven Einstieg in die Gemeinschaftsschule bis Klasse 9 oder 10. Die Änderung des Schulgesetzes werde noch 2005 auf den Weg gebracht, heißt es im Koalitionsvertrag. Angestrebt wird das Abitur nach 12 Jahren. Nach Angaben von Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel sollen Mittel für Kindergärten und Schulen binnen fünf Jahren um 150 Millionen Euro aufgestockt werden. Der strittige Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau ist vom Tisch. Dafür wird eine flotte Schienenanbindung an den Hamburger Flughafen geprüft.

Der Sparkurs soll fortgesetzt, Investitionen sollen stark auf Bildung und Arbeit konzentriert werden. Rot-Grün will bis Mitte 2006 größere kommunale Verwaltungseinheiten schaffen – auf freiwilliger Basis. Gelingt dies nicht, soll es ein Gesetz geben. Das Land bleibt zuständig für Polizei, Justiz, Finanzverwaltung, Universitäten und Küstenschutz. Landesbehörden wie Umweltämter müssen weichen.

Die Wirtschaftsförderung konzentriert sich auf chancenreiche Zweige: Gesundheits- und maritime Wirtschaft, Tourismus und erneuerbare Energien. Skandinavien ist Vorbild in der Arbeitsmarktpolitik. Dabei soll jedem Arbeitslosen spätestens nach einem Jahr etwas angeboten werden. Für Landtagswahlen wird das Wahlrecht für EU-Bürger und eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre angestrebt.