Blau bald auch ohne Dunst

Um ein gesetzliches Rauchverbot zu verhindern, muss der Gaststättenverband seine Mitglieder zur freiwilligen Schaffung nikotinfreier Zonen überreden. Aber die Kölner Gastronomen sind skeptisch

VON BENJAMIN TRIEBE

Für den Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) läuft jetzt die Uhr. Zwei Wochen sind vergangen, seit in Berlin der Kompromiss zu rauchfreien Bereichen in Kneipen und Restaurants präsentiert wurde. Nun sollen binnen eines Jahres in 30 Prozent der größeren Gaststätten mindestens 30 Prozent der Plätze für Nichtraucher reserviert sein. Auch in Köln.

Allerdings ist die Übereinkunft freiwillig. Der Dehoga kann seine Mitglieder nur zum Nichtraucherschutz überreden – zwingen kann er sie nicht. „Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten“, sagt Christoph Becker, Geschäftsführer des Kölner Leistungszentrums der Dehoga Nordrhein. „Wenn wir das nicht schaffen, droht ein gesetzliches Rauchverbot“, warnt er.

Mehr als 3.000 gastronomische Betriebe gibt es in Köln. Wie viele indes von der neuen Nichtraucherregelung überhaupt betroffen sind, weiß beim Verband noch niemand genau. Denn die Vereinbarung gilt nur für Gaststätten und Kneipen mit mehr als 40 Sitzplätzen oder mit mehr als 75 Quadratmetern Fläche. „Für Köln liegen noch keine genauen Zahlen vor. Wir haben relativ kurzfristig von der Entscheidung erfahren“, räumt Becker ein. Er schätzt, dass die Dehoga rund 1.500 bis 2.000 Betriebe ansprechen wird.

Wenn das geschieht, wird auch im Brauhaus „Em Kölsche Boor“ am Eigelstein das Telefon klingeln. Seit über sieben Generationen werden hier kölsche Spezialitäten serviert. Die Gäste haben bisher kein großen Interesse an einer Nichtraucherzone gezeigt. „Nur zehnmal im Jahr fragt mich einer danach“, sagt Inhaberin Katharina Esser. Ein Brauhaus scheint sich schon per Definition schlecht mit einem Rauchersperrbezirk zu vertragen. „Die Leute laufen hier kreuz und quer“, sagt Esser.

Aus gesundheitlichen Gründen kann die Gastronomin den Kompromiss nachvollziehen – aber aus geschäftlichen Gründen? Natürlich könne sie einen Raum für Nichtraucher abtrennen, sagt Esser. Aber sie ist skeptisch: „Akzeptieren das die Leute, wenn sie in einem Brauhaus so abgesondert werden – oder gehen die dann lieber woanders hin?“ Die Möglichkeit, jederzeit woanders hinzugehen, war bisher eine der Stärken des Herbrands in Ehrenfeld. Biergarten, Disko, Club, Kneipe, Restaurant – hier wird auf einem 5.000 Quadratmeter großen Areal alles unter einem Dach angeboten. Doch genau das ist das Problem. „Wie soll ich denn in der großen Halle eine Nichtraucherzone schaffen?“, fragt sich Inhaberin Maren Huppertz. „Das ist doch nicht möglich. Die Leute bleiben ja nicht immer am selben Platz.“ Nach einem rauchfreien Bereich habe sie außerdem bislang in ihrem Betrieb noch keiner gefragt.

Was für Brauhäuser und große Betriebe ein Problem ist, können kleinere Restaurants einfacher handhaben. Im Kintaro im Friesenviertel wird Sushi serviert, die Bedienung trägt blaue Kimonos, gegessen wird an Tatami-Tischen mit Reismatten. 40 Gäste finden hier Platz, gerade genug für die No-Smoking-Bemühungen des Dehoga. Und Inhaberin Hedwig Arakawa ist dabei: „Der Trend geht zum Nichtrauchen. Wir wollten sowieso einen Teil der Sushi-Bar zur rauchfreien Zone machen.“ Sie plant, einfach die Raucher in den Bereich des Lokals setzen, in dem die Lüftung arbeitet. Aber auch Arakawa meint: „Es kann sein, dass weniger Gäste kommen.“

Vielleicht gehen dafür aber auch andere Gäste ins Restaurant. Der Gaststättenverband hält es für wahrscheinlich, dass mit gewonnener Rauchfreiheit neue Zielgruppen angesprochen werden. Das kann Hans-Martin Banzerus bestätigen, der sein Lokal Orlando im Januar zu Kölns erstem Nichtrauchercafé gemacht hat. „Tagsüber kommen mehr Leute, abends weniger“, bilanziert Banzerus. Besonders Frauen kämen gerne – wegen der endlich einmal nicht verrauchten Kleidung, wie der Gastronom vermutet. „Insgesamt ist der Umsatz gestiegen“, freut er sich.

Zum Verfechter von Nichtraucherbereichen macht ihn sein Erfolg aber nicht. „Das muss jeder Gastronom selber entscheiden“, meint Banzerus vielmehr. Kneipenwirte und Brauhausbesitzer hätten es schwerer als Café- und Restaurantbetreiber. Übrigens hat auch der Orlando-Wirt durchaus ein Herz für Raucher: Für sie hat er extra eine Raucherbank aufgestellt – vor der Tür.