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: Kurzsichtige Interessenpolitik

Wieder einmal beweist die Landesregierung, dass es ihr bei der Flüchtlingspolitik vor allem um eigene Interessen geht: Die militärischen Kampfhandlungen im Kosovo sind vorbei, in der abendlichen Tagesschau spielt die Region derzeit kaum eine Rolle – also wird es höchste Zeit, die Flüchtlinge schnell wieder dahin abzuschieben, wo sie her kommen.

Doch diese Haltung des Innenministeriums ist höchst kurzsichtig. Denn auch wenn der Innenminister am liebsten schon im Juni 2002 den Kosovo für befriedet erklärt hätte – die Realität sieht anders aus. Das haben nicht erst die ethnischen Gewalttätigkeiten im vergangenen Sommer gezeigt. Auch die Einschätzung der internationalen Beobachter ruft in Erinnerung, auf welch wackligen Füßen der vermeintliche Friede steht. Das gestrige Attentat auf Präsident Rugova ist nur ein weiteres Mosaiksteinchen in diesem Bild.

Die Landesregierung scheint das nicht zu stören. Sie wird weiter abschieben, in den kommenden Monaten vermutlich noch mehr Personen als bisher. Damit verschärft sie die ohnehin fragile Situation im Kosovo, der schon jetzt nicht in der Lage ist, die Flüchtlinge – und hier insbesondere die Minderheiten – zu integrieren.

Doch so lange die internationale Gemeinschaft nicht deutlich mehr Anstrengungen unternimmt, um das politische und wirtschaftliche System im Kosovo nachhaltig zu stabilisieren, werden diese Abschiebungen nur dazu beitragen, dass der ethnische Konflikt in all seiner Schärfe wieder aufbricht.ULLA JASPER