Beheizte Atmosphäre

Greenpeace dokumentiert Wärmelecks an Wohngebäuden im Umland. Bundesregierung soll Eigentümer zu besserer Isolierung zwingen. Der Senat setzt seit einigen Jahren erfolgreich auf Anreize und Beratung. Großes Energiesparpotenzial

Von Gernot Knödler

Der Klimawandel hat viele Väter. Nicht die Stahlwerke und Autofabriken verbrauchen am meisten Primärenergie, sondern die privaten Haushalte und der Verkehr. Tendenz steigend. Dabei werfen die Haushalte das Geld buchstäblich zum Fenster hinaus, wie Greenpeace jetzt im Hamburger Umland dokumentiert hat. Mit besserer Wärmedämmung ließen sich bundesweit 50 bis 70 Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) vermeiden, behauptet die Umweltorganisation – der Jahressausstoß Portugals. Gebäudeeigentümer sollten gezwungen werden, ihre Häuser besser zu isolieren. „Die Bundesregierung muss handeln“, sagt Jonas Mey von Greenpeace.

Die Umweltschützer ließen in Elmshorn, Itzehoe und anderen Städten hunderte verwahrloster Mietshäuser fotografieren. Zuhauf produzierte die Wärmebildkamera gelbe und rote Flecken auf den blau-grünen Bildern: schlecht isolierte Fenster und Fugen, durch die die Wärme nach draußen dringt – kostspielig für die Mieter, fatal fürs Klima.

Die Privathaushalte verbrauchten 2001 nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums alleine 30 Prozent der Primärenergie, 28 Prozent fraß der Verkehr, 25 Prozent die Industrie und 16 Prozent der Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (abgerundet). Den weitaus größten Teil dessen, was die Haushalte verbrauchen, verschlingt nach den Zahlen der Deutschen Energie-Agentur (Dena) die Heizung. Hier bietet sich ein riesiges Sparpotenzial, gerade in Hamburg, wo 85 Prozent der Wohnhäuser vor der Wärmeschutzverordnung von 1978 gebaut wurden. Deren Heizkosten könnten mehr als halbiert werden.

„Viele Immobilienbesitzer vernachlässigen die Modernisierung wegen kurzfristiger Profitinteressen“, argwöhnt Greenpeace. Dabei spare eine gute Wärmedämmung 40 bis 50 Jahre lang Energie und schütze das Haus. Laut Wuppertal-Institut könnte sie bundesweit 400.000 Arbeitsplätze schaffen. „Bei über fünf Millionen Arbeitslosen ist es völlig unverständlich, warum die Bundesregierung die Förderung der Gebäudesanierung zwar gerne fordert, sie aber nur zögerlich angeht“, kritisiert Mey.

Der Senat hat längst gehandelt und noch zu rot-grünen Zeiten 1998 eine Initiative Arbeit und Klimaschutz (www.arbeitundklimaschutz.de) gegründet. Mit Beratung und finanzieller Unterstützung fördert diese die Sanierung des Gebäudebestandes und den Einsatz erneuerbarer Energien. Das Geld wird dabei zum Teil direkt an die ausführenden Handwerker bezahlt, die so günstige Preise machen können.

Einschließlich bereits 1997 gestarteter Vorläufer-Programme hat die Initiative den Energieverbrauch um rund 145.000 Megawattstunden im Jahr verringert, bilanziert die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Der CO2-Ausstoß ist um 45.000 Tonnen zurückgegangen. Mit einem Fördervolumen von 31.000 Euro wurden Investitionen von 181.000 Euro ausgelöst und 2.900 Menschen jeweils ein Jahr lang beschäftigt.