Zwischen den Rillen
: Schunkel-Pop und Lokalpatriotismus

1992 sieht es so aus, als hätten es Brings geschafft: Die Kölner Band ist auf dem Cover des Musikexpress/Sounds. „Voll Rhein“ lautet die Überschrift, der Untertitel: „Die Kölsch-Connection: So werden die neuen BAP gemacht.“ Im Heft äußert sich Peter Brings, der Sänger, dann aber folgendermaßen: „Lass mich in Ruhe mit dem Klüngel. Über Schlagzeilen wie ‚die kleinen Niedeckens‘ könnte ich mich maßlos ärgern. Wenn ich den gekriegt hätte, der das verbrochen hat, der hätte von mir einen großen Brings voll auf die Nase bekommen.“

Markige Worte, sinnbildlich allerdings für das große Identitätsproblem, welches der Band seit jeher innewohnt. Gestartet als ehrliche Rocker mit kölschen Texten, wird nach einem kleinen lokalen Hype schnell klar, dass im Rest der Republik wenig Bedarf ist nach einer Erweiterung des Genres Kölschrock. Nach drei Platten in Mundart schwenkt man deshalb 1995 erstmals um auf hochdeutsche Texte. Die Hamburger Band „Selig“ hat schließlich vorgemacht, dass vom Grunge beeinflusster Alternativ-Rock auch auf Deutsch funktionieren kann. Nicht aber bei Brings, die 1997 ihren Plattenvertrag bei der EMI verlieren.

Das Comeback lässt drei Jahre auf sich warten und bringt eine weitere, diesmal aber deutlich einträglichere Sinneswandlung mit sich: Warum nicht auch mal Karneval? Nicht immer, aber wenigstens einmal im Jahr. Mit einer Bearbeitung des unter dem Titel „Those were the days, my friend“ bekannt gewordenen russischen Volksliedes gelingt Brings 2001 erstmals ein Hit: „Superjeile Zick“ mausert sich in den folgenden Jahren zu einem Standard im Repertoire der beliebtesten Karnevalsschlager und markiert den Wendepunkt bei Brings: von der Rockband zur Karnevalskapelle.

März 2005: Brings laden zur Pressekonferenz. Anlass: ein „Heimspiel“ am 23.4. im Theater am Tanzbrunnen. Peter Brings: „Unsere 200 Auftritte im diesjährigen Karneval waren ja zeitlich immer auf 20 Minuten begrenzt, beim Heimspiel spielen wir 22 Titel, außerdem haben wir eine echte Karnevals-Tanzgruppe mit dabei, schließlich enden unsere Konzerte inzwischen immer in einer Karnevalsparty“.

Nummern von den letzten drei Alben wollen Brings hauptsächlich spielen, und „zwei, drei Sachen von dem ganz alten Zeug“. Auch Medleys sollen künftig dabei sein, auf die Strophen könne das Publikum ja auch mal verzichten. Ach, ein neues Album haben Brings auch. Den Titeltrack „Su lang mer noch am Lääve sin“ kennt man ja schon von der letzten Session. Der Rest: Schunkel-Pop, Polka-Rock, Uftata, Lokalpatriotismus. „Wir wollen uns das Leben ja nicht unnötig schwer machen“, sagt Peter Brings. In diesem Sinne: Kölle Alaaf! Oliver Minck

„Su lang mer noch am Lääve sin“, BMG, LC 02093; Konzert: 23.4., Theater am Tanzbrunnen in Köln