Verwirrt vom Zug der Zeit

Die Stadt Lauenburg könnte auf einen Schlag um 51 Jahre älter werden, wenn sich eine taufrische Heimatforscher-Expertise bewahrheitet. Das stürzt die Stadtväter in die Krise: Wann soll man nun welches Stadtjubiläum feiern?

Im offiziellen „Leitbild“ der Stadt Lauenburg an der Elbe heißt es, es gelte „den Zug der Zeit in Lauenburg stärker zu integrieren und den Einzug von Innovation und Moderne vorzubereiten“. Aber ob das nicht etwas früh kommt? Schließlich ist man sich in der 12.000-EinwohnerInnen-Stadt am südlichsten Punkt von Schleswig-Holstein, eingeklemmt zwischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, gerade über die ureigenste Gründungsgeschichte uneins: Die Stadt ist womöglich 51 Jahre älter, als bislang in den Geschichtsbücher festgehalten – wenn der Heimatforscher Wichmann von Meding Recht hat.

Der Tatbestand: von Meding hat Hinweise eines ehemaligen Staatsbeamten entdeckt, der in eine mittlerweile verschollene Urkunde Einblick hatte. Laut dieser Urkunde genießt Lauenburg bereits seit dem Jahr 1209 „Stadt-Privilegien“ und nicht erst seit 1260, wie man in Lauenburg jahrhundertelang glaubte.

Das sorgt für Aufregung unter Lauenburgs Stadtvätern. Wann genau soll man nun das Stadtjubliäum feiern? Soll man dabei bleiben, 2010 ein rauschendes Fest zum 750-jährige Bestehen zu geben? Oder muss man nicht viel mehr 2009 gleich das 800-Jährige begehen? Bislang ist man ratlos. Und hat die Beratungen über die Jubiläumsfeier erstmal auf das Frühjahr 2006 verlegt. Was verständlich ist: in existenziellen Fragen nur kein Schnellschuss.

Dabei wurde der promovierte Heimatforscher von Meding vom Schleswiger Landesarchiv für „seriös“ befunden. Außerdem ist die Stadtverwaltung aufs engste sogar schon mit dem Jahr 1181 verbandelt: In diesem Jahr errichtete der Herzog Bernhard von Askanien die Festung „Louenburch“, aus der später ein Schloss wurde, das wiederum aktuell die Amtsstuben der Stadtverwaltung beherbergt.

Andererseits weiß Stadtarchivar William Boehart: „Die Diskussion wird weitergehen, die Wissenschaft lebt von Thesen und Gegenthesen.“ Die Experten wetzen die Klingen. Die Politiker dagegen denken wie immer ans Volk und möchten, dass sich die LauenburgerInnen im Internet-Forum der Stadt-Homepage zur Problematik äußern. Allein: Unter www.lauenberg.de kann man sich zwar über eine Patenschaft der Stadt mit dem Versorgungsschiff „Elbe“ (Baujahr: 1960) informieren, ein Forum aber gibt es dort nicht. Der Einzug der Moderne ist in Vorbereitung. kli