Angriff auf Kanthers Portokasse

Im Prozess um Schwarzgeld der Hessen-CDU hat die Anklage auf Geldstrafen für den Ex-Bundesinnenminister und seinen Finanzberater Horst Weyrauch plädiert

WIESBADEN taz ■ Im hessischen CDU-Schwarzgeldprozess hat die Wiesbadener Staatsanwaltschaft gestern Geldstrafen für die beiden Angeklagten gefordert. Der Ex-Bundesinnenminister und ehemalige Vorsitzende der Hessen-CDU, Manfred Kanther, soll wegen Untreue 72.000 Euro zahlen. Der einstige Finanzprüfer der Partei, Horst Weyrauch, sei der Beihilfe schuldig und müsse 36.000 Euro entrichten, so Staatsanwalt Achim Thoma. Kanther habe genau gewusst, was er tat, als er zusammen mit Weyrauch und dem damaligen Schatzmeister Prinz Wittgenstein Ende 1983 heimlich fast 21 Millionen Mark Parteivermögen auf drei Schweizer Konten versteckte, stellte Staatsanwalt Rolf Jördens zuvor in seinem fast dreistündigen Plädoyer fest. Er habe es damit den gewählten Gremien entzogen. Er habe genau gewusst, „dass er etwas Verbotenes tat“, als er anschließend gefälschte Rechenschaftsberichte und Finanzpläne seiner Partei erst mitverantwortete und später duldete. Die daraus resultierende Parteistrafe von 21 Millionen Euro habe hohen Schaden verursacht.

Als Bundesinnenminister habe Kanther 1994 das geänderte, zur Transparenz verpflichtende Parteiengesetz selbst unterschrieben. Dass er es, wie von ihm behauptet, nicht gut kannte, könne ihm nicht geglaubt werden. Er habe es im Verfahren, im Gegensatz zu seinem Mitangeklagten Weyrauch, an Einsicht in die Strafbarkeit seines Handelns mangeln lassen. Beide hätten zusammen mit Wittgenstein, dessen Verfahren wegen Krankheit abgetrennt wurde, konspirativ wie ein Geheimbund gearbeitet. Strafmildernd wertete die Anklage, dass keiner sich bereichert habe und die Tat „einmalig“ sei. „Gut gemeint“ schütze aber nicht vor Strafe. Es sei „der Fluch der bösen Tat“ gewesen, dass das Geld, dessen Herkunft auch im Prozess nicht geklärt werden konnte, sich in der Schweiz zwar gut angelegt vermehrte, aber nicht auf legalem Weg in die Parteikasse zurückzutransferieren gewesen sei. Weyrauch und Wittgenstein hatten es, teils getarnt als „jüdische Vermächtnisse“, bis Ende 1999 auf Umwegen in die Kassen der hessischen Kreisverbände und vor allem des Landesverbandes zurückfließen lassen. Das Verfahren wird heute mit den Plädoyers der Verteidiger fortgesetzt. HEIDE PLATEN