Frieden steckt im Konjunkturtief

Stell dir vor, es ist Ostern, und keiner marschiert: Die Teilnahme an den Ostermärschen geht weiter zurück. Rheinische Friedensaktivisten kritisieren Desinteresse der Medien

Köln taz ■ „Unsere Teilnehmerzahl hängt von der Sonne ab und davon, ob die Medien unsere Themen beachten.“ Peter Bürger, Redner auf der diesjährigen Ostermarsch-Kundgebung in Düsseldorf, bringt es auf den Punkt. 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, 45 Jahre nach dem ersten Ostermarsch in Deutschland und (fast) 60 Jahre nach Abwurf der ersten Atombombe sind Auslandseinsätze der Bundeswehr für die deutsche Politik salonfähig.

Die Teilnahme an den Ostermärschen ist dagegen mau geworden. Gingen in den 80er Jahren zehntausende auf die Straßen, sind die Veranstalter heute mit einigen hundert Teilnehmern glücklich. Zirka 600 Menschen besuchten 2004 trotz Regens die Düsseldorfer Ostermärsche. Im Vorjahr brachte der Irakkrieg rund 1.200 Menschen nach Düsseldorf. Nach der US-Invasion im Jahr 2003 schipperten alleine aus Köln etwa 200 Demonstranten auf einem vom Kölner Friedensforum gemieteten Kahn den Rhein hoch.

Entsprechend fragen sich Elvira Högemann und die anderen Aktivisten des Kölner Friedensforums jedes Mal, wenn die Beteiligung mager war, ob die gute alte „Latschdemo“ noch zeitgemäß ist. Ihr Fazit: „Es macht Sinn, dieses Zeichen aufrecht zu erhalten, dass die Friedensbewegung etwas Ständiges ist.“ Die Tradition nicht abreißen zu lassen, ist auch Ariane Dettloff vom Friedensarbeitskreis „Pax An“ wichtig. „Das Interesse lässt nach, sobald ein Thema aus den Medien verschwindet oder Menschen denken, die Bundeswehr sei nicht beteiligt. Das Thema Frieden ist im Konjunkturtief“, ist ihre Erfahrung.

Für Werner Ruhoff von der Friedensgruppe Köln-Mülheim gibt es deswegen noch einen Grund, teilzunehmen: „Weil man das Gefühl hat, dass man mit seiner Meinung nicht alleine da steht“. Alle vier sehen ihre Bewegung von den Medien vernachlässigt. Besteht dagegen Medieninteresse wie beim Irakkrieg 2003, steigen die Teilnehmerzahlen. Für ein aktuelles Thema der Friedensbewegung, die Absegnung der EU-Verfassung am 12 Mai durch den Bundestag, sieht Bürger gar ein „schwarzes Loch“ in den Medien. „Die Kopftuchdebatte wird ausgewalzt, aber ein Thema wie die EU-Verfassung, das alle betrifft, kaum behandelt“, kritisiert Bürger. Die Kritik an der EU-Verfassung richtet sich vor allem gegen eine „Aufrüstungsverpflichtung“ in Artikel I-41. Dort heißt es: „Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern.“ ANNETTE VON CZARNOWSKI

Ostermarsch Rheinland: Samstag, 26.03.2005 um 14 Uhr auf dem Konrad-Adenauer-Platz in Düsseldorf. RednerInnen: Peter Bürger (Ökum. Netzwerk Düsseldorfer Christen), Hanna Jaskolski (pax christi), Özlem Demirel (DIDF und PDS-Stadträtin Köln) www.ostermarsch-rheinland.de