Gutes Geschäft mit der Pflege

Die Zentren für Senioren und Behinderte der Stadt Köln setzen Millionen Euro um und beauftragen hunderte Firmen. Das soll endlich angemessen gewürdigt werden, fordert der Betriebsleiter

VON BENJAMIN TRIEBE

Die Pflege und Betreuung alter Menschen ist inzwischen nicht nur für die Privatwirtschaft eine wichtige Branche. Auch städtische Betriebe wie die Zentren für Senioren und Behinderte der Stadt Köln (SBK) setzen in diesem Gewerbe Millionenbeträge um und beschäftigen tausende Mitarbeiter. Deswegen wünscht sich SBK-Betriebsleiter Otto Ludorff, dass seine Einrichtung als „Wirtschaftsfaktor in Köln“ wahrgenommen wird: „Wenn es uns nicht gäbe, wäre der Markt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ärmer“, betont er die Bedeutung der Pflegewirtschaft.

Rund tausend Pflegeplätze stellen die SBK in sechs über die Stadt verteilten Seniorenzentren zur Verfügung, weitere tausend werden in speziell eingerichteten Wohnungen betreut. Ein gesonderter, ambulanter Pflegedienst kümmert sich um Senioren, die weiterhin zuhause leben möchten. Außerdem arbeiten in zwei SBK-Werkstätten rund 500 Behinderte. Sie verpacken dort beispielsweise Ersatzteile für Ford.

Die Nachfrage nach allen Angeboten sei groß, versichert SBK-Heimleiterin Gabriele Patzke. So groß, dass in diesem Jahr am Riehler Pflegeheim kräftig angebaut wird: Wohngemeinschaften für Senioren entstehen, dazu extra eingerichtete Bereiche für neurologisch erkrankte Menschen. „Wir wollen in Zukunft für jeden Pflegebedürftigen sofort ein freies Bett haben“, so Patzke.

Einen Jahresumsatz in Höhe von 68 Millionen Euro sieht der SBK-Wirtschaftsplan für 2005 vor, mehr als 70 Prozent davon sind Personalkosten. Rund 1.250 Menschen arbeiten insgesamt für die SBK, die meisten sind Pfleger oder Pädagogen. Im Herbst wurden elf neue Stellen geschaffen – „immer ein Problem wegen der Refinanzierung“, wie Betriebsleiter Otto Ludorff sagt. Leichter zu finanzieren waren dagegen die 130 Ein-Euro-Jobs, welche die SBK eingerichtet haben.

Vielleicht sind auch die so genannten Integrationsjobs gemeint, wenn Heimleiterin Patzke sagt, man müsse „das Angebot an alle neuen Entwicklungen anpassen“. Pflege und Betreuung soll sich auch für einen städtischen Betrieb lohnen. Deswegen wird bei den SBK manchmal ökonomisch innovativer gedacht als in der Privatwirtschaft: 1998 wurde hier das bundesweit erste Fitness-Studio nur für Senioren eröffnet. Für 22,50 Euro extra pro Monat darf hier jeder Bewohner Sport treiben – ohne sich wie in einem normalen Studio mit Jüngeren messen zu müssen. Bereits 200 alte Menschen haben sich für das Angebot eingeschrieben. In ein paar Wochen werden die SBK eine Börse mit verfügbaren Pflegeplätzen ins Internet stellen. Dann können die Jungen auch online die Pflegeplätze für die Alten suchen.

Für die Seniorenzentren sind solche Ideen überlebenswichtig. Denn die SBK bekommen keine Zuschüsse von der Stadt. Alle Kosten müssen durch Zahlungen der Rentenkassen und Eigenanteile der Heimbewohner gedeckt werden. Trotzdem bleibt in der Regel ein kleiner Überschuss, der umgehend in neue Projekte wandert – so zum Beispiel vergangenes Jahr in Wohngruppen für altersdemente Menschen. Hier leben die Kranken in einer gewohnten Umgebung: Die Räume sind extra mit Möbeln bestückt, wie sie in der Jugendzeit der Patienten modern waren. Die WG liegt auf der selben Etage wie die stationäre Abteilung des Pflegeheims. In Notfällen eilt sofort eine Schwester herüber.

Wenn SBK-Betriebsleiter Otto Ludorff seine Zentren einen „Wirtschaftsfaktor“ nennt, denkt er dabei auch an die Investitionskraft, die von den Pflegeeinrichtungen ausgeht. 146.000 Liter Milch werden jedes Jahr an die SBK geliefert, 210.000 Brötchen gebacken und über acht Tonnen Kaffee geliefert. An mehr als 400 Firmen wurden Aufträge erteilt, sei es zum Waschen von 580 Tonnen Wäsche oder zum Ausbau des Riehler Seniorenzentrums.