Die Regierung versucht zu regieren

Das Bundeskabinett beschließt engmaschigen Zeitplan für die Umsetzung der jüngsten Regierungserklärung von Gerhard Schröder. Senkung der Unternehmensteuer und vieles andere hängt allerdings vom Wohlgefallen der Union ab

VON HANNES KOCH
UND ULRIKE WINKELMANN

Die Bundesregierung möchte gerne umsetzen, was der Bundeskanzler angekündigt hat. Um den Zeitplan dieses anspruchsvollen Unterfangens zu erläutern, bemühte sich gestern eigens der Kanzleramtschef Frank Walter Steinmeier vor die Presse. Steinmeier, das sonst ausschließlich im Hintergrund wirkende Hirn des Kanzleramts, sagte selbst: Die Regierungserklärung Gerhard Schröders am 17. März habe für rot-grünen Geschmack zu wenig Aufmerksamkeit erregt – eine längere Debatte „wäre uns lieber gewesen“.

Die Debatte hat sich seit dem 17. März vor allem darum gedreht, ob die Union die Kanzlervorschläge zur Steuersenkung und zur Mittelstandsförderung mitträgt. Denn dies hatten CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber zum „Jobgipfel“ unmittelbar nach der Regierungserklärung zwar angedeutet, doch seither hat die Opposition den taktischen Nachteil darin entdeckt, dass die Steuersenkungen mit dem Namen des Kanzlers verbunden werden. Die Wirtschaft lässt aber auch nicht zu, dass CDU/CSU sich wieder herauswinden. Steinmeier wies gestern darauf hin, dass ein normales parlamentarisches Verfahren lange dauern würde. „Es wird leider wieder nicht zu den Durchbrüchen kommen, die wir erreichen könnten“, sagte Angela Merkel gestern: „Das wenige, was in die richtige Richtung geht, werden wir aber mittragen, damit überhaupt etwas passiert.“

Der nächstmögliche Termin, an dem etwas passieren könnte, ist ein Zusammentreffen von Finanzminster Hans Eichel (SPD) mit dem bayerischen Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) am kommenden Freitag – anlässlich der Verwaltungsratssitzung der Kreditanstalt für Wiederaufbau.

Die wichtigsten Punkte des Maßnahmenpakets hat die Bundesregierung schon einmal beschlossen – jedenfalls soweit sie ihrem Einfluss unterliegen. Rot-Grün will Gesetzentwürfe auf den Weg bringen, um die Körperschaftsteuer für Kapitalgesellschaften (AG, KG, GmbH) von heute 25 auf 19 Prozent zu senken, die Gewerbesteuerzahlung von Personengesellschaften zu reduzieren und die Erbschaftsteuer bei der Weitergabe von Betrieben an Nachfolger zu verringern. Die Hoffnung: Angesichts der geringeren Steuerlast investieren Unternehmen mehr im Inland, was Arbeitsplätze bringen soll. An einem entscheidenden Punkt ist Rot-Grün freilich heute noch nicht weiter als bei Schröders Regierungserklärung am 17. März: Wie der Staat die sinkenden Steuereinnahmen durch Einnahmeerhöhungen an anderer Stelle kompensieren könnte, steht in den Sternen. Zu dieser Frage gibt es ein munteres Hin und Her zwischen den Lagern.

Um die Investitionstätigkeit der Unternehmen zusätzlich anzuregen, will die Bundesregierung bei ihrer Sitzung am 13. April die letzten noch fehlenden Teile des Energiewirtschaftsgesetzes beschließen. Dann stehe dem Bau von Kraftwerken und Leitungen im Wert von 19 bis 20 Milliarden Euro nichts mehr im Wege, so Steinmeier. Die Energiewirtschaft hat diese Investitionen bislang davon abhängig gemacht, dass die Regierung Wohlverhalten beim Energierecht zeigt. Am 20. April will das Kabinett darüber hinaus zusätzliche Verkehrsinvestitionen von zwei Milliarden Euro beschließen – jeweils die Hälfte für die Straße und die Schiene. Am selben Tag soll es auch um die Förderung jugendlicher und älterer Arbeitsloser gehen. Außerdem wird vermutlich noch im April die mit der CDU zu findende Regelung über Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose abgesegnet.