Flughafen: Lärmkritiker müssen schweigen

NACHTFLÜGE Das Umweltbundesamt darf sein Berliner Lärmgutachten nicht veröffentlichen

BERLIN taz | Die zentralen Ergebnisse sind glücklicherweise zuvor bekannt geworden – denn nun ist das Umweltbundesamt (UBA) mit seiner Lärmbewertung für den künftigen Berliner Großflughafen zurückgepfiffen worden: Wenige Stunden vor einer für Dienstag geplanten Pressekonferenz hat die Behörde den Termin abgesagt. Ein neues Datum für die Veröffentlichung des mehr als 100 Seiten starken Papiers gibt es bisher nicht.

Offiziell hieß es, es gebe noch „Abstimmungsbedarf“. Ein UBA-Sprecher sagte auf Nachfrage lediglich, die Gespräche vor allem mit dem Bundesverkehrsministerium dauerten unerwartet an. Das Gutachten solle aber „auf jeden Fall“ vorgestellt werden. Klar ist indes, dass die Ergebnisse vor allem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nicht ins Konzept passen dürften: Das UBA nämlich spricht sich in dem Papier für ein komplettes Nachtflugverbot im Berliner Südosten zwischen 22 Uhr und 6 Uhr aus – so jedenfalls berichteten Medien am Wochenende. Die Behörde hatte sich bereits in der Vergangenheit kritisch zu Nachtflügen geäußert. Die Stellungnahme ist Teil des Genehmigungsverfahrens für Flugrouten an dem Flughafen, der am 3. Juni in Betrieb gehen soll und innerstädtische Airports ersetzen soll. Für weitere Erklärungen verwies der UBA-Sprecher an das CSU-geführte Ministerium – obwohl das Amt dem Bundesumweltministerium unterstellt ist. Ein Sprecher von Verkehrsminister Ramsauer wies den Vorwurf zurück, es habe den Umweltgutachtern einen Maulkorb erteilt. „Entscheidend ist, dass alle rechtlichen und fachlichen Aspekte sorgfältig geprüft und bewertet werden“, erklärte ein Sprecher. Es gehe um das bestmögliche Ergebnis im Sinne der Anwohner. Der Flughafen liegt direkt am Stadtrand und zwischen zwei Siedlungsachsen im Umland; für Zehntausende Berliner und Brandenburger wird es künftig teils unerträglich laut. Gleichzeitig hat der Minister Fluggesellschaften und Zulieferer im Nacken, die so viel wie möglich fliegen wollen.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat unlängst eine begrenzte Zahl von Flügen in der Nacht für zulässig erklärt. Einschätzungen des UBA sind rechtlich nicht bindend. Wenn es die oberste Umweltbehörde der Regierung eine Regelung als gesundheitsschädlich anprangern würde, wäre das politisch durchaus relevant. Davon ginge zudem Signalwirkung für ähnliche Entscheidungen etwa am Frankfurter Flughafen aus. Das Bundesverwaltungsgericht soll im März für oder gegen Nachtflüge dort entscheiden; bis dahin gilt ein vorläufiges Nachtflugverbot.

KRISTINA PEZZEI