Mücken mit Selbstzerstörungs-Gen

DENGUEFIEBER Bekämpfung durch die Reduzierung der Population der fieberbringenden Mücken

Vermutlich noch dieses Jahr werden die ersten Freilandversuche mit gentechnisch manipulierten Moskitomännchen durchgeführt. Derzeit würden die Gentech-Mücken in der Nähe von Chennai im Süden Indiens noch in mit Netzten gesicherten Käfigen getestet, berichtete der indische Wissenschaftler Seshadri S. Vasdan. Die gentechnisch manipulierten Mücken Aedes aegypti sollen dazu beitragen, Infektionen mit dem Erreger des Denguefiebers einzudämmen. In die Mücken eingeschleuste Gene verhindern, dass die Mückenmännchen Nachwuchs produzieren. Die Tiere können sich zwar noch mit Mückenweibchen paaren, die später aus den Insekteneiern geschlüpften Larven werden jedoch durch das eingeschleuste Gen getötet. Werden die fortpflanzungsgestörten Männchen in großen Mengen freigelassen, könnte die Mückenpopulation drastisch reduziert werden, hoffen die Forscher.

Die Mückenart Aedes aegypti, die auch als Gelbfiebermücke bezeichnet wird, ist der Hauptüberträger des Denguevirus. Nur die Weibchen übertragen beim Blutsaugen den Virus. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkranken jährlich rund 50 Millionen Menschen vor allem in den tropischen Gebieten am Denguefieber, für etwa 20.000 Menschen ist die Infektion tödlich. Einen Impfstoff oder Medikament gibt es nicht. Entwickelt wurden die gentechnisch veränderten Mückenmännchen in Großbritannien von Forschern der Universität Oxford.

Das 2002 gegründete Biotech-Unternehmen Oxitec (Oxford Insect Technologies) hat die Vermarktung der Gentechverfahrens übernommen, mit dem die Denguemücken manipuliert wurden. Das eingebaute Killergen kann durch die Verfütterung des Antibiotikums Tetrazyklin deaktiviert werden. So wird sichergestellt, dass das Gen nur im Freiland aktiv ist. Die Methode soll auch bei anderen Insektenarten funktionieren. In den USA hatte Oxitec schon Feldversuche mit gentechnisch veränderten Baumwollkapselraupen durchgeführt.

Oxitec wollte schon im vergangenen Jahr die Gentechmücken im Freiland testen. Die Feldversuche sollten bei Pulau Ketam in Malaysia durchgeführt werden. Die Regierung in Kuala Lumpur hatte grünes Licht gegeben. Doch nachdem die Freisetzungspläne bekannt wurden, verhinderten Proteste der Bevölkerung das Vorhaben. Seitdem sucht Oxitec einen neuen Standort für seine Feldversuche. Dafür infrage kommt nun Indien. Nach Auswertung der dort am Internationalen Institut für Biotechnologie und Toxikologie durchgeführten Tests in den Netzkäfigen sollen Sicherheitsprüfungen im Freiland anlaufen, berichtet Seshadri S. Vasdan. Der indische Wissenschafter ist in Großbritannien an der Entwicklung der sterilen Insekten beteiligt.

Finanziell unterstützt wird das Projekt unter anderem von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF). Auch die WHO befürwortet die Versuche. Dort wird zusammen mit der Gates Foundation seit längerem schon an Sicherheitsstandards für Freilandversuche mit gentechnisch manipulierten Insekten gearbeitet. Geplant ist, dass noch in diesem Jahr Richtlinien für Feldversuche vorgelegt werden. Es wird erwartet, dass in den nächsten Jahren weitere genmanipulierte Insekten im Freiland getestet werden sollen. So wird in mehreren Forschungsinstituten an sterilen Malariamückenmännchen gearbeitet. Und an der Universität in Göttingen hat man Mittelmeerfruchtfliegen (Ceratitis capitata) ein „abschaltbares“ Gen mit tödlicher Wirkung eingebaut. WOLFGANG LÖHR