Nur die Träume wachsen in den Himmel

Heute wird in Potsdam der Grundstein für den umstrittenen Wiederaufbau der Garnisonkirche gelegt. Bislang fehlt dafür aber noch das Geld

VON HEIKE HOLDINGHAUSEN

Auf einem Bürgersteig am Rande der Potsdamer Innenstadt wird heute der Grundstein für die Garnisonkirche gelegt, jenes Hauptwerk des Preußischen Barock, über dessen Wiederaufbau seit Jahren gestritten wird.

„Endlich haben wir eine Lösung gefunden, die alle Beteiligten an einen Tisch bringt“, freut sich Hans-Peter Reinheimer, Vorsitzender der Fördergesellschaft für den Aufbau der Garnisonkirche. Er hat vor über einem Jahr den „Ruf aus Potsdam“ initiiert, um nach Vorbild der Dresdner Frauenkirche die Spendenmillionen für das Projekt zu scheffeln. 65 Millionen Euro werden benötigt – „konservativ geschätzt“, sagt Reinheimer. Eingenommen hat er bislang kaum etwas: Zu zerstritten waren die Beteiligten, zu unsicher war die Grundstücksfrage, zu unbestimmt die Funktion des geplanten Gebäudes, um an potente Geldgeber herantreten zu können. Dennoch soll die Kirche 2017 stehen.

Auf ein Nutzungskonzept hat sich die Kreissynode der evangelischen Kirche am vergangenen Wochenende immerhin geeinigt: Entstehen sollen eine „offene Stadtkirche ohne eigene Gemeinde und ein internationales Versöhnungszentrum“, erklärt Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte das Konzept, das durch die Aufnahme in die Internationale Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry betont wird. Ihr Symbol, das Nagelkreuz, soll in den Kirchenneubau einziehen.

Auch die Grundstücksfrage scheint sich zu klären: Der Eigentümer wird der Stadt die benötigten 900 Quadratmeter unentgeltlich übertragen. Schon im nächsten Jahr soll ein Teil des Plattenbaus, in dem sich heute ein Fahrradladen befindet, dem Kirchenneubau weichen.

Doch von Einigkeit ist das Projekt Garnisonkirche noch immer weit entfernt. Anfang der Woche verkündete die rechtslastige Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel (TPG) ihren endgültigen Ausstieg. 6,7 Millionen Euro hat ihr Vorsitzender, der Bonner Max Klaar, nach eigenen Angaben seit 1990 für den Wiederaufbau gesammelt. Doch die TPG, die von der evangelischen Kirche verlangte, weder Segnungen von Homosexuellen noch Beratung von Wehrdienstverweigern anzubieten, war gegen das Nutzungskonzept. „Für einen Politiktempel für Geschichtsunterricht aus Sicht der evangelischen Kirche des 21. Jahrhunderts“ habe er kein Geld akquiriert, so Klaar. Am Montag verschickte er Briefe an seine Spender, die nun selbst über ihre Gelder entscheiden sollen.

Auch die Kritiker von links, etwa die Potsdamer Kampagne gegen Wehrpflicht, bekämpfen den Neubau weiter. „Sentimentalismus“ und „Geschichtsrelativierung“ nennt ihn Kampagnenmitglied Falk Richter. Die neue Elite Potsdams wiederhole das Verhalten der SED, das Erbe der Vorgänger zu vernichten.

Die Mehrheit der Potsdamer betrachtet den Willen zum Kirchbau bislang allerdings eher mit Desinteresse. „Brandenburger sind keine Sachsen“, sagt Reinheimer, „die brauchen etwas, um aus sich herauszukommen.“ Es sei daher wichtig, die Kirche sichtbar zu machen.

So werden heute Prominenz aus Politik und Kirche, Ministerpräsident Mathias Platzeck (SPD), Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und der Berliner Bischof Wolfgang Huber, trotz aller Widrigkeiten mit dem Bau beginnen, wenn auch nur symbolisch. Das künftige Versöhnungszentrum hat also schon jetzt viel zu tun, vor allem mit sich selbst.