Eine sparsame Revolution auf Rädern

Volkswagen gibt seine Forschung am 1-Liter-Auto auf. Begründung: zu teuer. Die Selbstverpflichtung der Automobilkonzerne zur Kohlendioxid-Reduzierung ist damit kaum noch einzuhalten. Unterdessen fährt das erste 2-Liter-Auto durch Ostdeutschland

VON HANNA GERSMANN
UND RENÉ STEENBOCK

Schnittig ist es, das Jetcar. Man kann sich gut vorstellen, dass es selbst diejenigen fasziniert, die sich sonst nur von einem Porsche beeindrucken lassen. Es ist lässig, mit chromglänzendem Heck. Das Design wie ein Messerschmidt Kabinenroller aus den 50er-Jahren. Die Technik hochmodern: „Es verbraucht nur 2,1 Liter auf 100 Kilometer“, sagen die Erfinder, die Brüder Christian Wenger-Rosenau und Michael Wenger stolz. Damit sei das Auto „Verbrauchsweltmeister.“

Tatsächlich sind die beiden ehemaligen Windkraftbauer seit gestern mit ihrem Sparwunder allein auf weiter Flur. Unter drei Litern gibt es keine Konkurrenz. Denn gestern hat der Volkswagen-Konzern die Entwicklung seines Ein-Liter-Autos abgesagt. VW war bislang der einzige namhafte deutsche Autokonzern, dessen Ingenieure in diesem Segment forschten. Zu teuer, befand aber nun der VW-Vorstandsvorsitzende Bernd Pischetsrieder. Schon VWs Drei-Liter-Autos – neben dem Lupo auch der Audi A2 3L – haben ihre hohen Entwicklungskosten nicht eingefahren. Die Nachfrage ist zu gering.

Die beiden Konstrukteure des Jetcar aus dem brandenburgischen Nietweder schreckt das nicht. Zumal das Meinungsforschungsinstitut Forsa erst diese Woche eine neue Umfrage veröffentlicht hat. Danach geben gut 60 Prozent aller Deutschen an, künftig wegen der hohen Benzinpreise spritsparender fahren zu wollen. Fünf Angestellte fertigen den schmalen Diesel in mühsamer Handarbeit. Allerdings nur auf Bestellung und in marginaler Stückzahl: Bislang wurden nur zwei Käufer gefunden. Es ist ein Liebhaberstück. Stolzer Preis: 40.000 Euro.

Darin stecken schließlich sieben Jahre Tüftelei und zahlreiche Tests, wie der Wagen leicht gebaut und aerodynamisch fahren kann. Das Jetcar wiegt nur 660 Kilo, halb so viel wie ein handelsübliches Auto. So ist das Dach zum Beispiel aus leichter Kohlefaser. Fahrer und Beifahrer nehmen hintereinander Platz, das Auto ist nur 1,50 Meter breit. Das mindert den Fahrwiderstand. Trotzdem beschleunigt es mit 41 PS wie die herkömmlichen Spritfresser: Von 0 auf 100 in knapp 12 Sekunden. Höchstgeschwindigkeit: 165 km/h.

Eine Revolution auf Rädern, an der sich die großen Autobauer ein Beispiel nehmen könnten. Ihr europäischer Dachverband Acea sagte der EU-Kommission zu, die Emissionen des Klimakillers Kohlendioxid zu mindern – bis 2008 gegenüber 1995 um 25 Prozent auf 140 Gramm je Kilometer. Das entspricht bei einem Diesel einem Verbrauch von 5,3 Litern auf 100 Kilometer. Doch selbst dieses Ziel, das der Jetcar gleich dreimal erreicht, schaffen Volkswagen oder DaimlerChrysler voraussichtlich nicht. Im Schnitt schluckt jeder Diesel derzeit noch 6,9 Liter.

Jetcar hofft nun auf Investoren. Dann, so sagt Mitarbeiter Andreas Manthey, könne das Zwei-Liter-Auto billiger produziert werden. Und er ist sich sicher: „Wenn die Leute mehr über schadstoffarme Alternativen wissen, werden sie sie auch kaufen.“