Kredit mit Bauchschmerzen

Der Regierende Bürgermeister Wowereit und der Grünen-Exjustizsenator Wieland verteidigen im Tempodrom-Untersuchungsausschuss Finanzspritze im Herbst 2001

Der rot-grüne Übergangssenat sah sich im Herbst 2001 genötigt, die Finanzspritze für das schon damals angeschlagene Bauvorhaben Tempodrom zu bewilligen. Die Fehler, die zu dieser Entscheidung geführt haben, seien früher entstanden. Das ist zumindest der Tenor der Aussagen des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) und des Ex-Justizsenators Wolfgang Wieland (Grüne) vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss am Freitag.

Die Entscheidung für die millionenschwere Unterstützung im Herbst 2001 traf der rot-grüne Übergangssenat „schweren Herzens nach langer Überlegung einvernehmlich“, sagte Wowereit in seiner fast dreistündigen Aussage. Wieland assistierte: Die Grünen seien „nicht nur Vollstrecker eines Senatsbeschlusses“ gewesen. Im Jahre 2001 hatte die Landesregierung zur Fertigstellung des Tempodroms insgesamt umgerechnet 6,9 Millionen Euro bewilligt. In der langen Diskussion habe es „bei allen Senatsmitgliedern Bauchschmerzen“ gegeben, sagte Wowereit, der zum ersten Mal im Untersuchungsausschuss aussagte. Bei einer Pleite des Kulturzeltes wäre eine Landesbürgschaft für einen Kredit der Landesbank Berlin (LBB) mit einem Volumen von 12,8 Millionen Euro fällig geworden. Die Entscheidung findet der Regierende Bürgermeister daher rückblickend „richtig“.

Genauso wie Wolfgang Wieland. Doch der Ex-Justizsenator sieht sich in der Tempodrom-Affäre vor allem als schlecht informiert. Im Nachhinein fühlt sich Wieland vom damaligen Bausenator Peter Strieder getäuscht. Strieder sollte zum Beispiel die Pachtverträge mit der Betreibergesellschaft und dem Caterer nachbessern, um der Tempodrom-Stiftung höhere Einnahmen zu sichern. Stattdessen waren die Vereinbarungen am Ende schlechter als vorher. Wenn er das gewusst hätte, hätte er der Finanzspritze „niemals zugestimmt“. Wielands Kritiker wollen das nicht gelten lassen: „Er hatte alle Fakten in seiner Verwaltung auf dem Tisch liegen“, konterte der FDP-Vertreter im Untersuchungsausschuss, Christoph Meyer.

Eine „Einflussnahme“ von außen auf die Senatsentscheidung habe es nicht gegeben, sagte Wowereit mit Blick auf Vorwürfe der Opposition. Die sieht einen Zusammenhang zwischen der Rettungsaktion und zwei Sponsoring-Essen im Wahlkampf 2001 zu Gunsten der SPD – ebenso wie die Staatsanwaltschaft. Deshalb hatte sie am Mittwoch mehrere Akten in der SPD-Landeszentrale beschlagnahmt.

Schon 2002 musste die Investitionsbank Berlin (IBB) weitere 1,7 Millionen Euro bereitstellen. Letztlich war das Projekt mit rund 33 Millionen Euro fast doppelt so teuer wie ursprünglich geplant. Trotz alledem meldete das Tempodrom im vergangenen Jahr Insolvenz an.

Matthias Lohre