Linkspartei sucht Umzugsgegner

In Bonn startet die WASG eine Volksinitiative gegen „Zwangsumzüge“ von Hartz-IV-Empfängern. Die Landesregierung solle prüfen, ob solche Maßnahmen nicht viel mehr kosten, als sie einsparen

VON MARTIN OCHMANN

In Sachen Hartz IV will die Bonner Regionalgruppe der „Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ (WASG) der Landesregierung in Düsseldorf jetzt richtig Dampf machen: Am Samstag startete die WASG eine Volksinitiative gegen Zwangsumzüge, die künftig zahlreichen Empfängern von Arbeitslosengeld II (ALG II) drohen. 80.000 Unterschriften will die Partei in den kommenden Monaten einsammeln.

Mit der Initiative will die WASG über den Düsseldorfer Landtag die Landesregierung auffordern, die Wirtschaftlichkeit der Zwangsmaßnahmen zu überprüfen. Denn auch wenn Hartz IV ein Bundesgesetz ist – die Kommunen zahlen den ALG-II-Empfängern die Miete. Und damit sei der Landtag, der die Oberaufsicht über die Ausführung des Gesetzes durch die Kommunen innehat, der richtige Adressat des Protests, erklärt Hans Wallow von der Wahlalternative.

Für Wallow handelt es sich bei den Zwangsumzügen um „finanzielle Rohrkrepierer“. Nicht nur die Umzugskosten würden bei den Kommunen zu Buche schlagen, „auch wird jeder Zweite klagen“. Mit der Forderung nach Überprüfung der Wirtschaftlichkeit packe man die Verantwortlichen da, wo es ihnen weh tut, hofft Wallow: beim Thema Geld.

Rund 100.000 Menschen sind nach Ansicht des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten von den Maßnahmen bedroht. Dabei stützt er sich auf Aussagen des Mieterbundes. Zwangsumzüge drohen allen ALG-II-Empfängern, bei denen die zuständige Kommune der Meinung ist, dass entweder die Größe oder die Kosten der bisherigen Wohnung „unangemessen“, sprich: zu hoch, sind. In Köln etwa beläuft sich die aktuelle Mietobergrenze für Singles auf 297 Euro und 45 Quadratmeter; eine vierköpfige Familie darf maximal 594 Euro Mietkosten haben und 90 Quadratmeter bewohnen. Liegen ALG-II-Empfänger darüber, werden sie aufgefordert, sich nach billigerem Wohnraum umzusehen, andernfalls kann das Amt den Mietzuschuss auf die festgelegte Obergrenze kürzen.

Wie im Fall von Marcus Danne. Der 43-jährige Werbekaufmann tritt im Rhein-Sieg-Kreis für die WASG an, er ist seit gut anderthalb Jahren arbeitslos. Mit seiner Frau und zwei Söhnen lebt er im 105 Quadratmeter großen Eigenheim, das die Familie vor acht Jahren gekauft hat. Anfang des Jahres wurde er aufgefordert, sich Wohnberechtigungsscheine zu besorgen. Als er am 1. April sein Haus noch nicht verlassen hatte, wurde der Zuschuss von 1.100 Euro auf 590 Euro gekürzt. „Wenn alle Kosten bezahlt sind, bleiben uns 430 Euro zum Leben. Das ist weit unter dem Existenzminimum“, sagt Danne. Er hat Widerspruch eingelegt – erfolglos. Wie es weitergeht, weiß Danne nicht. „Länger als drei, vier Jahre machen wir das nicht mit“, blickt er besorgt in die Zukunft.