DIE DREI FRAGEZEICHEN
: „Nur Negativschlagzeilen“

WIE BITTE? Der FDP-Politiker Joachim Günther gibt Medien die Schuld, dass es der FDP so schlecht geht, und ruft zum Boykott auf

taz: Herr Günther, Medien wie die taz betreiben Ihrer Meinung nach „linksgrüne Hysterie-Berichterstattung“. Reden Sie dennoch mit mir?

Joachim Günther: Muss man immer nur Negativschlagzeilen bringen, über etwas herziehen? Sollten wir nicht zumindest gleichberechtigt auch die positiven Nachrichten bringen? Wir haben 8 Milliarden Überschuss in den Sozialsystemen, und wir haben deutlich über 400 Euro steuerliche Entlastung im Durchschnitt für den einzelnen Bürger in diesem Jahr. Und das sind Ergebnisse, auf die wir stolz sein können. Wenn solche Meldungen in den Schlagzeilen kommen, dann machen sie zehn Zeilen aus, und wenn etwas nach Sensationslust riecht, dann nimmt es mindestens einen doppelten Platz in der Presse ein.

Ich komme aus Ungarn, dort gibt es auch die Auffassung, dass linke Journalisten das Land bewusst schlecht darstellen wollen. Sieht die FDP das ähnlich?

Nein. Aber nehmen Sie das Beispiel Stuttgart 21. Es wird suggeriert, dass die Mehrheit der Menschen diesen Bahnhof nicht will. In den Fernsehbildern war zu sehen, dass Massen demonstrieren, dass Wasserwerfer aufgefahren sind, dass Gitter niedergerissen worden sind. Das ist schon richtig. Es wurde aber so dargestellt, als würde die Mehrheit der Menschen diesen Bahnhof nicht wollen. Und dann kam der Volksentscheid. Und das hat gezeigt, dass die Mehrheit der Menschen diesen Bahnhof will. Und das muss man in Gleichgewicht darstellen.

Wie fühlen Sie sich nach unserem Gespräch?

Gut. Sonst hätte ich mit Ihnen jetzt nicht geredet. INTERVIEW: ANNA FRENYO

■ Joachim Günther, 63, FDP-Bundestagsabgeordneter, fordert von seinen Fraktionskollegen einen Medienboykott. Er sieht seine Partei als Opfer einer Kampagne