Wenn sich Sozialpädagogen zoffen

ARBEITSWELT Viele Mitarbeiter im Sozialwesen sind Profis darin, Konflikte zu lösen. Doch wenn sie Partei in einem Streit sind, brauchen sie manchmal externe Hilfe. Spezialisierte Mediatoren schlichten dann

„Besonders mit ihrem Beruf identifizieren sich die Ehrenamtler“

Mediatorin Susanne Samelin

Irgendwann hat Susanne Samelin entschieden, das Lösen von Konflikten zu ihrem Beruf zu machen. Die gelernte Sozialpädagogin arbeitet heute als Mediatorin in Lübeck. Und weil sie die Branche besonders gut kennt, schlichtet sie in sozialen Organisationen wie Schulen, Kindergärten und Jugendämtern.

Mediatoren befrieden Konflikte, indem sie den Parteien den Weg zu einer Lösung aufzeigen. Sie machen weder eigene Lösungsvorschläge, noch können sie eine Entscheidung erzwingen. „Es ist nicht immer einfach, die speziellen Persönlichkeiten in sozialen Berufen zu einer Lösung zu bewegen“, sagt Samelin. Zwar gebe es hier Konflikte wie in jedem anderen Wirtschaftszweig auch. So fühlten sich manche Mitarbeiter überfordert, andere übergangen oder nicht ausreichend respektiert. Doch im Sozialbereich treffen häufig Sozialpädagogen aufeinander. „Von ihrer Ausbildung her kennen sie sich mit der Lösung von Konflikten aus und sind oft in der Lage, ihre Bedürfnisse klar zu kommunizieren“, sagt Samelin. Ein Unternehmer dagegen halte es vielleicht nicht für angebracht, seine Gefühle offen auf den Tisch zu legen. „Vielleicht ist es daher noch einfacher, mit Mitteln der Kommunikation die eigentlichen Ursachen des Streits aufzudecken.“

Warum also wird die Mediation dennoch nachgefragt? „Es kommt nicht darauf an, ob man Ahnung von Konfliktlösung hat oder nicht, sondern ob man betroffen ist“, sagt Frauke Petzold, Mitbegründerin der Waage Hannover, einer gemeinnützigen Schlichtungs- und Mediationsstelle. Als Partei eines Konflikts sei die emotionale Bindung ganz anders als in der Rolle des Streitschlichters. Hinzu kommt, dass viele Menschen im Sozialwesen ehrenamtlich arbeiten. „Dadurch ist die Identifikation mit dem Beruf besonders hoch“, sagt Mediatorin Samelin. Die meisten wollten etwas davon haben: das Gefühl, gebraucht zu werden.

Laut Samelin ist eine erfolgreiche Mediation in der Regel in ein bis zwei Sitzungen erreicht. Doch je mehr Personen beteiligt sind, umso schwieriger werde die Prognose.

Weil die Parteien freiwillig an einer Mediation teilnehmen, ist die Erfolgsquote hoch. Petzold schätzt, dass über 90 Prozent der Verfahren positiv ausgehen. Die Kosten tragen die Konfliktparteien. Im Sozialwesen nehmen Mediatoren nach Recherchen der taz zwischen 80 und 200 Euro pro Stunde, eine Sitzung dauert meist zwei bis drei Stunden. „In manchen Fällen zahlt auch der Arbeitgeber“, sagt Samelin, „denn am Ende ist nicht nur ein Gang zum Gericht verhindert, sondern auch das Arbeitsklima verbessert.“ JOHANN LAUX