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: Die schwarzen Kassen der CDU sind geleert, die Gründe für ihr Bestehen aber geblieben

Na bitte, anderthalb Jahre auf Bewährung für Manfred Kanther wegen Untreue. Als Kavaliersdelinquent, der die Schwarzgeldkonten in der Schweiz gänzlich uneigennützig und nur zum Besten seiner Christdemokraten (und damit der Demokratie) unterhielt, kann Kanther jetzt nicht mehr posieren. Dennoch mag sich ob dieses späten Siegs der Rechtsstaatlichkeit keine so rechte Freude einstellen.

Es ist der hessischen CDU in den vergangenen fünf Jahren gelungen, die Schwarzgeldverschieber Kanther, Wittgenstein und Weyrauch als Dreierbande zu stilisieren, von deren Umtrieben die Parteileitung nicht den kleinsten Schimmer gehabt habe. Bis heute ist ungeklärt, aus welchen Quellen letztlich jene Gelder stammten, mit denen die CDU ihre Wahlkampferfolge bestritt. Für den Tatbestand der Untreue, begangen an der CDU (sie musste schließlich 21 Millionen Strafgeld bezahlen), mag diese Frage unerheblich scheinen. Für das Ansehen der parlamentarischen Demokratie ist sie es nicht.

Womit wir bei Exbundeskanzler Helmut Kohl gelandet wären, dem mittlerweile wieder hoch geehrten, dessen Ehrenwort seinerzeit die Aufklärung über die Quellen seiner schwarzen Kasse so wirksam behinderte. Nach wie vor ist der Verbleib von Akten, die Vernichtung von Daten vor dem Machtwechsel von 1998, ungeklärt. Ermittlungsergebnisse der französischen Justiz in Sachen Bestechungsgelder des Ölkonzerns Elf Aquitaine wurden in der Bundesrepublik nicht aufgegriffen. Die ganze Affäre wurde schließlich zu den verschwundenen Dokumenten ad acta gelegt.

Sicher, selbst schwungvollen Grabungsunternehmungen zur Aufdeckung der Wahrheit geht mit der Zeit die Luft aus, wenn so effektiv blockiert wird wie im Fall der Parteispendenaffären. Was bleibt, ist der Bodensatz, ein um sich greifender Generalverdacht gegen die korrupte politische Klasse. Dem gegenüber wäre weiter auf der Frage zu insistieren, welche Reformen des Parteienstaates notwendig sind, um demokratische Mitwirkung und Kontrolle in den versteinerten Parteienorganisationen Deutschlands durchzusetzen. Mag sein, dass das System der schwarzen Kassen für absehbare Zeit zu riskant geworden ist. Aber die Gründe, warum dieses Finanzierungssystem so lange funktionieren konnte, sind nicht beseitigt. Sie finden sich in jenen abgeschlossenen Bezirken, wo demokratische Legitimation nichts zählt gegenüber dem Einfluss der ökonomischen Machteliten.

CHRISTIAN SEMLER