Der Anti-Hohlmeier als Hoffnungsträger

Bayerns Bildungsminister in spe Siegfried Schneider bietet Neues: eine kritische Haltung zur verfrühten Schülerauslese

Das Beste, was man über den designierten bayerischen Kultusminister Siegfried Schneider sagen kann, lautet: Er ist so ziemlich das genaue Gegenteil seiner Vorgängerin. Wo Monika Hohlmeier als Qualifikation für ihren Posten neben der Hotelfachlehre eigentlich nur „Tochter von Franz Josef Strauß und Verwalterin eines politischen Erbes“ eintragen konnte, da strebt nun ein gelernter Pädagoge ins Amt. Schneider hat 14 Jahre lang an Grund-, Haupt- und Förderschulen unterrichtet. 1994 zog er als junger Abgeordneter in Bayerns Landtag ein und avancierte zum Bildungsexperten der Partei.

Während Monika Hohlmeier, sobald es um fachliche Fragen ging, bei Eltern und Lehrern nie richtig ernst genommen wurde, stand Schneiders Kompetenz nie zur Diskussion. Als bildungspolitischer Sprecher der CSU, Vorsitzender des Bildungsausschusses im Landtag sowie der Schul-Arbeitskreise in Partei und Fraktion galt Schneider lang vor Hohlmeiers Rücktritt als derjenige, der die bisweilen überstürzten Entscheidungen des Ministeriums zumindest mit etwas Substanz füllen konnte. Von ihm stammen die Konzepte und Pläne zur Ausgestaltung des hastig eingeführten achtjährigen Gymnasiums (G 8).

Während er das umstrittene G 8 im Kern stets verteidigt hat, wich Schneider in anderen Fragen gern mal von der offiziellen CSU-Linie ab. So forderte er gemeinsam mit SPD und Grünen schon vor Jahren eine Verlängerung der gemeinsamen Grundschulzeit auf zumindest fünf Jahre. Nicht zuletzt wegen der Erfahrungen, die seine eigenen drei Kinder damit gemacht haben, gilt Schneider als Kritiker des streng selektiven bayerischen Schulsystems, das früh aussortiert und spätere Übergänge von der Haupt- zur Realschule oder gar weiter aufs Gymnasium als seltene Ausnahmen begreift.

Trotz solch aufmüpfiger Gedanken zieht mit dem wertkonservativen, katholisch geprägten Schneider sicher kein revolutionärer Kopf ins Kultusministerium ein. Der 49-Jährige wird von Mitarbeitern eher als nüchterner Technokrat beschrieben, der im Zweifel pragmatisch entscheidet. Erst einmal geriet Schneider so richtig ins Blickfeld der Öffentlichkeit – als er im vergangenen Dezember einen Brief direkt an Ministerpräsident Edmund Stoiber richtete, in dem er den eklatanten Lehrermangel im Freistaat beklagte. Damit brachte er das Kultusministerium schwer in Bedrängnis, das den Missstand bis dahin unverfroren dementiert hatte.

Im neuen Job werden ihn seine offenen Worte bald einholen. Denn eine der wichtigsten Aufgaben des künftigen Ministers wird darin bestehen, bei der sparwütigen Staatsregierung die Mittel für neue Lehrer lockerzumachen. Anders als seine lang angeschlagene und daher kleinlaute Vorgängerin kann Schneider aber offensiver mit seinen Forderungen auf Edmund Stoiber zugehen. So gesehen betrachten viele Eltern und Pädagogen Siegfried Schneider als eine Art moderaten Hoffnungsträger. JÖRG SCHALLENBERG