Schleckers neuer Masterplan

DROGERIERIESE Hoffnung für Schlecker: Der vorläufige Insolvenzverwalter sieht gute Chancen für eine Rettung. Für die Gründerfamilie wird es finanziell aber bitter

„Die Beschäftigten sind Schleckers wertvollstes Kapital“

VER.DI-SPRECHER SCHMITZ

BERLIN dpa/taz | Erstmals seit über 20 Jahren hat die Familie Schlecker am Montag eine Pressekonferenz abgehalten. Der ansonsten medienscheue Schlecker-Gründer und Patriarch der Familie, Anton Schlecker, stellte sich ebenfalls den Journalisten. Denn die Lage ist ernst. „Wir wollen das Unternehmen weiterführen und so viele Arbeitsplätze wie möglich retten“, sagte Schlecker-Tochter Meike. Das Privatvermögen der Schleckers ist allerdings offenbar nicht zu retten. Die Familie habe bereits große Teile in die Restrukturierung der Kette gesteckt, versicherte sie. „Es ist nichts mehr da.“

Deutschlands einst größte Drogeriekette hatte vor einer Woche überraschend Insolvenz beantragt, nachdem ein kurzfristiger Zahlungsausfall in zweistelliger Millionenhöhe nicht mehr beglichen werden konnte. Weder das Unternehmen noch die Familie selbst habe Geld bereitstellen können, um den weiteren Betrieb zu gewährleisten. „Wenn noch 100 Millionen im Schrank liegen würden, wäre es zu diesem Verfahren nicht gekommen“, erklärte der ebenfalls anwesende Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz. „Aus meiner Sicht gibt es einen guten Kern“, sagte er. Er bestätigte, dass die Insolvenz „in der Konsequenz die Privatinsolvenz von Anton Schlecker“ bedeute.

Handelsketten und Gläubiger hatten noch vor einigen Tagen nicht an die Sanierung geglaubt. Doch erste Schlichtungsgespräche zwischen Insolvenzverwalter und Lieferanten hätten für Entspannung gesorgt, sagte Geiwitz. „Alle Lieferanten haben sehr schnell zu verstehen gegeben, dass sie ein großes Interesse am Weiterbestehen der Drogeriekette Schlecker haben.“ Nicht nur mit Markant, sondern mit einer insgesamt dreistelligen Zahl von ihnen habe er mittlerweile eine Einigung erreicht. Diese sei nicht zeitlich befristet. Der Betrieb könne jetzt normal weiterlaufen. Der vorläufige Insolvenzverwalter soll nun weitreichende Befugnisse bekommen, um den Fortbestand der Drogeriekette zu sichern. Zunächst könnten nun die Mieten der Läden bezahlt werden, da das Amtsgericht Ulm ihn zum sogenannten starken vorläufigen Verwalter gemacht habe.

Geiwitz’ Worten zufolge ist noch offen, ob es einen Insolvenzplan gebe – mit den Gläubigern liefen entsprechende Gespräche. Eine Rettung könnte aber nicht funktionieren, wenn möglichst viele Geschäfte geschlossen würden. Die Nähe zu den Kunden sei nun einmal das Geschäftsmodell.

Schwarze Zahlen

Geiwitz revidierte bisherige Zahlen der Drogeriekette, es gibt offenbar nur etwas mehr als 6.000 Filialen in Deutschland mit rund 32.000 Mitarbeitern. Zuvor war noch von knapp unter 7.000 Filialen die Rede. Der Großteil davon schreibe schwarze Zahlen, sagte Schlecker-Finanzchef Sami Sagur. Zum Umsatz und Ausmaß der Verluste schwieg sich die Unternehmensspitze weiter aus.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di fordert für den weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens beim Unternehmen Schlecker „nachvollziehbare Transparenz und Klarheit über die Vermögenssituation“. Die Beschäftigten seien Schleckers wertvollstes Kapital, sagte Ver.di-Sprecher Christoph Schmitz.

„Der Plan hat eine Chance auf Erfolg. Die Frage wird aber sein, wie gut es Schlecker gelingen wird, die fallenden Umsätze zu stabilisieren“, sagte der Wirtschaftsprofessor und Handelsexperte Thomas Roeb der taz.CHRISTIAN GEHRKE