Oberhaupt nur für Männer

Ernüchterung bei Frauenverband nach Ratzingers Wahl

Die Wahl von Kardinal Josef Ratzinger zum Pontifex hat nicht bei allen Katholiken Begeisterungsstürme ausgelöst. Während auf dem Petersplatz in Rom Zehntausende jubelten, macht sich beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Ernüchterung breit. Der 1899 gegründete Sozialdienst kümmert sich mit seinen mehr als 5.000 MitarbeiterInnen um Frauen in Not- und Konfliktsituationen. Zwar bemüht sich die Beratungsorganisation, der Zukunft unter Benedikt XVI. nicht zu pessimistisch entgegenzusehen, doch „es ist kein Geheimnis, dass Ratzinger aus einer inhaltlichen Ecke kommt, die nicht unsere ist“, räumt die SkF-Generalsekretärin Gaby Hagmanns ein.

Die Konfliktpunkte zwischen römischer Amtskirche und dem in Dortmund ansässigen, bundesweit aktiven Verband sind vielfältig. Vor allem seit der Auseinandersetzung um die Schwangerschaftsberatung Ende der 90er Jahre ist das Verhältnis zwischen dem Vatikan und dem Sozialdienst angespannt. Die Kirchenoberhäupter zwangen den SkF damals, aus der staatlichen Beratung auszusteigen und keine weiteren Scheine, die für eine Abtreibung gesetzlich vorgeschrieben sind, auszustellen.

Doch hinter dem Konflikt um die Abtreibung verbergen sich ganz grundlegende Differenzen um die Rolle der Frau in der katholischen Kirche und die Arbeit an der kirchlichen Basis. Ratzinger, der mit seiner Berufung zum Kurienkardinal praktisch den Kontakt zur seelsorgerischen Basis der Kirche verloren hat, steht den Entwicklungen in den Ortskirchen fremd und ablehnend gegenüber.

Nirgendwo wird das so deutlich wie in der Frage, welche Rolle Frauen in der Kirche spielen sollen. Schon heute würden viele diakonische Aufgaben von Frauen wahrgenommen, sagt Gaby Hagmanns, und „man muss sich fragen, warum selbst die Diakonatsweihe ihnen verweigert wird“ – hohe Erwartungen an ein Umdenken in der Kirche. Dass diese Hoffnungen nun erfüllt werden, glaubt indes selbst der SkF kaum. Die Erfahrungen mit Ratzinger geben wenig Anlass zu Hoffnung: Erst im vergangenen Jahr hatte er, damals noch als Kurienkardinal und „Großinquisitor“, „feministische Strömungen“ in der Kirche scharf verurteilt. ULLA JASPER