Zur falschen Zeit am falschen Ort

POLIZEIGEWALT 39-jähriger Koch wird bei Polizeieinsatz im Restaurant verletzt. Beamte sollen später eine Verwechslung eingeräumt haben. Sie wollten zwei andere Männer festnehmen

Prellungen im Gesicht, an der Halswirbelsäule, an den Händen und am Fuß. Diese Verletzungen hat ein Arzt des Benjamin-Franklin-Krankenhaus dem 39-jährige Riccardo E. Montagnacht attestiert. Zuvor war der Koch eines Restaurants am Kurfürstendamm offenbar versehentlich in einen Polizeieinsatz geraten. Der gebürtige Franzose beschuldigt mehrere Zivilbeamte, ihn verprügelt zu haben. Anschließend habe eine Beamtin eine Verwechslung eingeräumt und ihn mit den Worten „Sie waren zur falschen Zeit am falschen Ort“ zum Krankenwagen begleitet.

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Simone Herberth, bestätigt den Polizeieinsatz. Zwei Personen seien festgenommen worden. „Es lag der Verdacht der räuberischen Erpressung in der Türsteherszene vor“, erklärt Herbeth. Aus dem Polizeibericht gehe hervor, dass Riccardo E. mit den beiden Personen vor dem Restaurant gesessen und sich dadurch verdächtig gemacht habe. Beim folgenden Zugriff sollten ihm Handschellen angelegt werden. Dagegen habe er Widerstand geleistet. „Im Augenblick spricht nichts dafür, dass es sich um eine Rechtswidrigkeit der Polizei handelt“, so Herbeth.

„Ein Mann hat mir mit der Hand ins Gesicht geschlagen“, berichtet der unter Schock stehende Riccardo E. Danach sei er gefallen, mehrere Personen hätten ihn mit dem Gesicht zu Boden gedrückt und auf den ganzen Körper eingetreten. „Ich dachte, das ist die Mafia und ich muss sterben.“ Erst später habe er erfahren, dass es sich um einen Einsatz der Polizei gehandelt hat. Der Franzose bestreitet, sich gewehrt zu haben. „Sie haben sofort geprügelt, und mehrere Menschen haben sich auf mich gestürzt.“ Er beteuert seine Unschuld und verweist auf seine weiße Arbeitskleidung, mit der er deutlich als Koch des Restaurants zu erkennen war.

Waffen auf Gäste gerichtet

Der taz liegt die Abschrift einer Strafanzeige eines Zeugen vor. Er habe nur einen Tisch entfernt gesessen, berichtet der Zeuge der taz, und beobachtet, dass Männer „wie die Wahnsinnigen auf den Koch eingeschlagen haben“. Der Zeuge habe versucht, dem Verletzten zu helfen, sei aber mit Waffengewalt von den Einsatzkräften daran gehindert worden. „Die Waffen waren direkt auf mich und andere Gäste gerichtet“, heißt es in der Anzeigeschrift. Die Polizei konnte am Freitag keine Angaben zu den Vorwürfen machen.

Nach Aussage des Anwalts von Riccardo E. wird derzeit eine Liste mit Gästen und Mitarbeitern erstellt, die den Vorfall beobachtet haben. Danach werde eine Strafanzeige wegen Körperverletzung eingereicht – gegen unbekannte Polizisten. Riccardo E. will sich in psychologische Behandlung begeben – und fordert „Gerechtigkeit“. ANNE SIEGMUND