Jedes Stück eine Entdeckungsreise

„Terrormum“, „Toteau und der Autodieb“ und „Die Versorger“ sind die Siegerstücke des Kölner Events „Temporäre Theatrale Zone“, einer Reihe, die Fitnessstudios und Kantinen nachts mit Leben füllte

Von OLIVER MINCK

Da soll noch mal einer behaupten, Theater sei verschnarcht und uncool. Betrachtet man die Herangehensweise von DRAMA KÖLN, so könnte man meinen, es gäbe kaum etwas hipperes als Theaterspielen. Der jungen freien Theatergruppe gelingt es jedenfalls schon durch die unorthodoxe Auswahl der Spielorte, aus ihren Aufführungen regelmäßig Events zu machen. Jüngstes Bespiel: die „Temporäre Theatrale Zone“ in Kooperation mit dem Theater im Bauturm.

Acht Mal wurde im wöchentlichen Rhythmus ein geheimer, erst am Aufführungstag bekannt gegebener Ort bespielt. Vom leer stehenden Fitnessstudio bis zur ehemaligen Druckerei – der Theaterbesuch wurde jedes Mal zu einer aufregenden Entdeckungsreise. 14 neue Stücke wurden gezeigt, alle von relativ unbekannten AutorInnen, die sich im Wettbewerb dem Publikum und einer Fachjury stellten. Das Publikum prämierte „Der Katze den Kuchen reichen“ von Nina Eder, eine zum Schreien komische Familiensatire, in der das Kind die Unzulänglichkeiten seiner Eltern ausbügeln muss.

Am Dienstag Abend stand die Siegerehrung an, zu der die drei Jury-Gewinnerstücke nochmals aufgeführt wurden. Ort des Geschehens war ein leer stehendes Versicherungsgebäude in der Mohrenstraße, bespielt wurde die Mitarbeiterkantine in der obersten Etage. Alle drei vom DRAMA KÖLN-Ensemble wegen des straffen Zeitplans im Hauruckverfahren einstudierten Stücke erwiesen sich als kurzweilig und unterhaltsam.

Der erste Siegerscheck über 500 Euro wurde der Berlinerin Nora Mansmann, Jahrgang 1980, übergeben. „Terrormum“ heißt ihr Stück, in dem ein junger Mann an der elterlichen Bürde zu zerbrechen droht. Die Mutter, eine ehemalige Top-Terroristin, lebenslänglich im Gefängnis, der Vater eher tot als lebendig und ewig bekifft. So pendelt der junge Mann zwischen Hänger-Existenz und Träumen von der großen Schriftstellerkarriere.

Der zweite Scheck ging an Arna Aly, geboren 1971 und ebenfalls aus Berlin. Bei ihrem Beitrag handelt es sich um einen Ausschnitt aus einem noch in der Entstehungsphase befindlichen Stück namens „Toteau und der Autodieb“. Angelika Krautzberger und Andreas Grötzinger setzten den Dialog zwischen einer wankelmütigen jungen Frau und einem Gauner mit Spielwitz in Szene. Die weiß geflieste Kantinenküche mit den von der Decke baumelnden Kabeln lieferte zudem eine surreale Kulisse.

Das dritte Siegerstück bot dann zu später Stunde den krönenden Abschluss. Markus Bittner, Jahrgang 1968, aus Hannover lieferte dem Ensemble eine echte Steilvorlage. Aus den Augen einer hyperaktiven 13-jährigen „Proll-Lolita“ schildert er die Saufgelage, die ihr großer Bruder gemeinsam mit seinen Kumpels und mit „Muttis“ Bewirtung im heimischen Wohnzimmer abhält. „Die Versorger“ kann man als Schwank bezeichnen: grenzenlos albern, aber versehen mit einem bitterbösen, entlarvenden Humor.

Ein gelungener Abschluss einer gelungenen Veranstaltungsreihe, die Lust macht auf mehr. Schon für den kommenden Sommer plant DRAMA KÖLN die nächste Aktion: Die Fortsetzung des „Ferienlagers“, bei dem das Dach des Kölner Crowne Plaza Hotels wieder mit Uraufführungen bespielt wird.