Eine Brücke soll verbinden

BARRIEREN Die Fußgängerbrücke am Bahnhof Friedrichstraße wird saniert – aber nicht barrierefrei. Das aber fordert der Behindertenverband. Bahn sieht technische Probleme

„Jetzt werden wir auf jeden Fall nicht mehr lockerlassen“

ILJA SEIFERT, MDB (LINKE) UND VORSITZENDER DES BBV

VON TOBIAS SINGER

Brücken sollen helfen, Hindernisse zu überwinden, und nicht dazu beitragen, die Überquerung zu erschweren. Genau das aber passiert gerade nicht bei der Sanierung der Fußgängerbrücke am S-Bahnhof Friedrichstraße, sagt der Berliner Behindertenverband e. V. (BBV). Bei einer Protestaktion am Dienstagvormittag fordern rund 20 Demonstranten zusammen mit dem BBV die Bahn AG auf, die Brücke barrierefrei zu gestalten.

Seit dem 6. Juli ist die Brücke wegen Sanierungsarbeiten bis voraussichtlich Anfang September gesperrt. Laut Bahn umfassen die Bauarbeiten die Errichtung einer neuen Abgangstreppe, eines Geländers sowie die Erneuerung der Beleuchtung. Für den BBV ist klar, dass es sich um gründliche Sanierungsarbeiten handelt und somit der Zustand der Barrierefreiheit hergestellt werden muss. Denn so schreibe es die Landesbauordnung und das Behindertengleichstellungsgesetz von Bund und Land vor.

Ist die Sanierung „gründlich“ oder nur Instandhaltung?

Dieser Forderung verleihen die Demonstranten Nachdruck, gut die Hälfte von ihnen sind Rollstuhlfahrer. „Sogar Unterstützer aus Bochum und Bremen sind heute hier“, freut sich der Vorsitzende des BBV, Ilja Seifert, MdB (Die Linke). Gerade in Anbetracht der Urlaubszeit, des schlechten Wetters und der Strapazen, die schon ein kleiner Reiseweg für Rollstuhlfahrer bedeute, sei das beachtlich, so Seifert. Während ein Assistent das Megafon hält, erklärt Seifert, der selbst im Rollstuhl sitzt, die Situation in der Friedrichstraße. „Bis dato gab es keinen Zugang für Rollstuhlfahrer auf die Fußgängerbrücke an der Friedrichstraße.“

Der zuständige Sprecher der Bahn, Burkhard Ahlert, meint allerdings, die Bahn sei nicht zur Herstellung der Barrierefreiheit verpflichtet, denn es handele sich um reine Instandsetzungsarbeiten. Von einer gründlichen Sanierung könne hier nicht die Rede sein. „Eine barrierefreie Herrichtung ist aufgrund der Statik der Brücke auch gar nicht möglich“, so Ahlert zur taz. Er schlägt stattdessen den Bau einer zweiten Brücke vor – ähnlich zum früheren Schlütersteg, der 1945 zerstört wurde. Für deren Bau wäre dann aber nicht die Bahn, sondern der Senat zuständig, sagt Ahlert.

Seifert dagegen besteht darauf, dass es sich bei den Arbeiten an der Brücke um eine Grundsanierung – und nicht eine bloße Instandsetzung handelt. „Neue Treppe, Geländer, Beleuchtung und Rostschutz, aus wie vielen Komponenten mehr besteht denn eine Brücke noch?“ Der Vorschlag des BBV: eine gemeinsame Ausschreibung von Behindertenverbänden, Bahn und Senat für kreative architektonische Lösungen, die einen barrierefreien Zugang ermöglichen.

Bahn verspricht Gespräche

Tatsächlich kann die Protestaktion die Bahn immerhin zu einer öffentlichen Stellungnahme bewegen. Ein Bahnsprecher erscheint vor den Demonstranten und bittet eine Delegation von zwei Leuten zum gemeinsamen Gespräch. Der BBV lehnt dies ab: Man will hier auf dem Potsdamer Platz in aller Öffentlichkeit diskutieren, damit alle Beteiligten teilnehmen können. So kommt schließlich Joachim Fried ins Freie, der DB-Konzernbevollmächtigte für Europäische Angelegenheiten, Wettbewerb und Regulierung. Er zeigt vollstes Verständnis für die Forderung, nickt bedächtig mit dem Kopf. Man werde schauen, ob nicht gemeinsam mit dem Senat die technischen Möglichkeiten geprüft werden könnten – damit eventuell doch ein Aufzug oder eine Rampe den barrierefreien Zugang zur Brücke ermöglichen.

Seifert freut sich über diesen Teilerfolg: „Jetzt werden wir auf jeden Fall nicht mehr lockerlassen.“ Sollten die technischen Möglichkeiten geklärt sein, stellt sich allerdings die Frage der Umsetzung sowie der Finanzierung der Barrierefreiheit. Im September sollen die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein, die Diskussion geht weiter.