Falsche Rücksichtnahme

GEDENKEN Ramazan-Avci-Initiative fordert in Ottensen einen offiziellen Kemal-Altun-Platz

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat den Zorn der Ramazan-Avci-Initiative auf sich gezogen. Zwar unterstützt Scholz den Beschluss des Bezirksamtes Nord, den Vorplatz des S-Bahnhofes Landwehr nach dem 1985 von rechtsradikalen Skinheads getöteten Türken umzubenennen. Im gleichen Atemzug hatte es Scholz allerdings abgelehnt, dem Ansinnen der Bezirksversammlung Altona nachzukommen, den Kemal-Altun-Platz in Ottensen offiziell nach dem politischen Flüchtling zu benennen. Altun hatte sich 1983 aus Furcht vor einer Abschiebung an das türkische Militärregime in Berlin aus dem sechsten Stock des Verwaltungsgerichts in den Tod gestürzt.

„Statt ein klares Zeichen gegen Rassismus zu setzen, werden beide Opfer rassistischer Politik gegeneinander ausgespielt“, moniert der Anwalt Ünal Zeran von der Ramazan-Avci-Initiative. Das sei ein Indiz, dass das „Verständnis von Rassismus überhaupt nicht angekommen ist“, sagt Zeran. In einem Schreiben an den Bezirk Altona hatte Kulturstaatsrat Niklaus Hill die ablehnende Haltung von Olaf Scholz damit begründet, dass es außenpolitische Verwicklungen mit der Türkei geben könnte, wenn der Regimegegner Altun in Hamburg durch eine Platzbenennung geehrt würde.

Altun gehörte damals einer Studentenorganisation an, die später in der Dev Sol (Revolutionäre Linke) aufgegangen ist. „Heute stehen die Generäle, die seine Auslieferung verlangten, in der Türkei vor dem Gericht“, sagt Initiativen-Sprecherin Leman Stehn. „Worin sollte ein außenpolitisches Interesse Hamburgs liegen, diesen Generälen beizustehen und die Benennung in Kemal-Altun-Platz zu verhindern“, fragt Stehn.

Die Ramazan-Avci-Initiative setzt sich in einem offenen Brief an Bürgermeister Scholz dafür ein, dass das Ex-Menck- & Hambrock-Gelände offiziell in Kemal-Altun-Platz umgewidmet wird. Der Altonaer Volksmund nennt es schon längst so. Kemal Altuns Suizid hab bundesweit zu einer Diskussion über die deutsche Flüchtlingspolitik geführt, sagt Stehn. Deshalb sei es angemessen, einen Platz nach Altun zu benennen.  MAGDA SCHNEIDER