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Panique au village Frankreich 2009, R: Stéphane Aubier & Vincent Patar / Originalfassung mit Untertiteln

Das Kino ist bekanntlich eine Zeitmaschine, mit der man ganz wunderbar in die Welt der eigenen Kindheit zurückreisen kann. In die Zeit also, als man sich noch stundenlang dem Spiel mit kleinen Plastikfiguren hingeben konnte. Die belgischen Trickfilmer Stéphane Aubier und Vincent Patar auf jeden Fall, haben sie doch für ihren ersten abendfüllenden Film mit einer Handvoll Helfern in ihrem Brüsseler Studio ein dreiviertel Jahr lang 1500 dieser Spielzeugfiguren so elegant hin- und herbewegt und dabei im Stop-Motion-Verfahren gefilmt, dass daraus ein kleines, vor anarchischem Erfindungsreichtum nur so überbordendes Wunderwerk des Animationsfilms wurde, das nun, drei Jahre nach seiner Premiere beim Filmfestival von Cannes endlich auch auf einer deutschen Kinoleinwand zu sehen ist.

Das Figurenarsenal ist überschaubar und besteht – wie schon in Aubiers und Patars gleichnamiger Fernsehserie, von der es bisher 20 je fünfminütige Folgen gibt – im Wesentlichen aus Cowboy, Indianer und Pferd. Diese drei bewohnen gemeinsam ein Haus auf dem Land, wobei der Vierbeiner nicht nur der Sprache mächtig ist, sondern durchaus gescheiter und vor allem lebenstüchtiger als seine beiden menschlichen Gefährten. Als diese eines Morgens mit Schrecken feststellen, dass sie des Pferdes Geburtstag vergessen haben, beschließen sie kurzerhand, ihm einen Grill zu bauen und bestellen dafür übers Internet 50 Ziegelsteine. Doch werden dann nicht 50, sondern 50 Millionen geliefert; und so nimmt das Chaos seinen unvermeidlichen Lauf.

Die episodisch angelegte Grundstruktur sowie die Art und Weise, wie die Helden hier von einem Abenteuer ins nächste stürzen, erinnern nicht selten an „Alice im Wunderland“. So geraten die Figuren, von der kleinen ländlichen Welt aus mit einem Mal in eine Reise zum Mittelpunkt der Erde und finden sich dann plötzlich in einer Polarlandschaft wieder, wo sie vor verrückten Wissenschaftlern fliehen müssen, die einen riesigen Pinguinroboter auf sie ansetzen. Und dabei möchte das Pferd doch eigentlich nur Madame Longrée wiedersehen, eine Stute, die im gleich nebenan gelegenen Konservatorium Klavierstunden gibt, und in die es sich verguckt hat.

„Panique au village“ ist Musterbeispiel dafür, das handgemachte Animationsfilme, sogar von kleinen Studios produzierte, auch im digitalen Zeitalter ihren Platz und ihre Chance haben. Irgendwie spürt man in ihnen, dass alles, was man sieht, echt ist – auch wenn Spielzeugfiguren doch so ziemlich das Künstlichste sind, was es gibt. Ein Animationsfilm im wahrsten Sinne des Wortes also, mit einem Cowboy als Held, der mit seiner menschlich allzumenschlichen Unzulänglichkeit das genaue Gegenteil einer anderen belgischen Erfindung darstellt: Lucky Luke. Eckhard Haschen

„Panique au village“ läuft heute und am Samstag, den 31. März, jeweils um 20 Uhr im b-movie, Brigittenstraße 5, Hamburg