„Wände können nicht atmen“

Energieverbrauch Herr Krieger motiviert die sanierungsfaulen Bremer Hausbesitzer

■ 53, ist Ingenieur für Betriebs- und Versorgungstechnik und Energieberater der Bremer Verbraucherzentrale.

taz: Herr Krieger, wie ist die Sanierungsquote der Privathäuser im Land Bremen?

Raymond Krieger: Insgesamt erschütternd. Pro Jahr werden bei uns lediglich 1 bis 1,2 Prozent der Häuser energetisch saniert. Um die bundesweiten Energieziele mitsamt der Energiewende auch nur annähend schaffen zu können, müsste diese Quote mindestens bei zwei bis drei Prozent liegen. Bei uns passiert also viel zu wenig – in Süddeutschland sieht es etwas besser aus.

Wie wollen Sie die hiesigen Hausbesitzer zum Sanieren motivieren?

Die Bremer Verbraucherzentrale macht zahlreiche Veranstaltungen, in denen erklärt wird, wie man Schritt für Schritt vom ersten Energiecheck über die zu Verfügung stehenden Fördermittel zu einer Verbesserung der baulichen Situation kommt. Meist taucht dann sofort die Frage nach der Amortisation auf – aber man muss auch sehen, dass man mit einer energetischen Sanierung die Wohnbehaglichkeit ebenso steigert wie den Wert der Immobilie. Wer sich ein Sofa kauft, fragt auch nicht nur nach der Amortisation. Die ist im Übrigen sehr schlecht, wie ein Kollege mal ausgerechnet hat.

Das Sofa unterm Hintern liegt einem aber näher als das Styropor an der Außenwand ...

Da muss man auch nicht Styropor nehmen. Das ist zwar der billigste Dämmstoff, als Erdölprodukt aber ein Rohstoffminderer und entflammbar. Ich empfehle alternativ Mineralwolle als Wärmedämmverbundsystem oder Holzfaserweichplatten – die sind allerdings nicht sehr marktgängig.

Was ist mit der berüchtigten Schimmelbildung nach einer Wanddämmung?

Das ist Unsinn, sofern die Dämmung fachgerecht ausgeführt wurde. Genauso wie das Märchen, dass ein Haus „atmen“ müsse. Wände können nicht atmen. Ich sage den Leuten immer: Haltet Euch doch mal Nase und Mund zu und versucht dann, durch die Haut zu atmen. Ein Haus kann das genauso wenig. Aber es braucht eine Mütze auf dem Kopf und etwas zum Anziehen. Interview: Henning Bleyl

Vortrag: 19 Uhr, Stadtbibliothek Bremerhaven