HAVANNA: DISSIDENTEN-TREFFEN STÄRKT EHER REGIERUNG ALS OPPOSITION
: Mit Fidel oder mit den Yankees

Erstmals seit über vier Jahrzehnten hat in Kuba ein öffentliches Treffen der Opposition stattfinden können. Zwei Tage lang kamen rund 200 Dissidenten zusammen, forderten politischen Pluralismus und Regimewechsel. Ist das ein Zeichen für ein Erstarken der Opposition? Oder gar ein Vorbote des Endes der Regierung Castro? Wohl kaum.

Das Treffen zu tolerieren entspringt dem Kalkül der kubanischen Führung. Schon lange argumentiert sie nicht mehr, auf der Insel gebe es keine Regierungsgegner, sondern vielmehr dass diese allesamt Marionetten der USA seien. Das Treffen durfte stattfinden, weil dort genau diese Polarisierung bestätigt wurde. Die Veranstalter machten kein Hehl aus der Unterstützung, die sie aus den USA erhalten. Ganz im Gegenteil: Per Notebook spielten sie eine Videobotschaft von George Bush ein, in dem er die Teilnehmer als Vorkämpfer für freedom & democracy feierte und sie der Unterstützung durch das amerikanische Volk versicherte. Mit anderer Wortwahl, natürlich, aber der Sache nach eben das, was Fidel immer predigt: dass die Dissidenten Handlanger der USA sind und das ganze Gerede um „Zivilgesellschaft“ letztlich nur ein trojanisches Pferd des Imperialismus. Dazu passt dann auch, dass die Behörden zwar einige europäische Parlamentarier des Landes verwiesen, aber den Quasibotschafter der USA auf der Insel, James Cason, an der Konferenz teilnehmen ließen.

Die Opposition geht nicht gestärkt, sondern gespalten aus der Versammlung hervor. Etliche Dissidentengruppen sind dem Treffen fern geblieben, weil sie dessen explizite Nähe zur US-Regierung nicht mittragen wollten. Ein Brückenschlag zu potenziellen Reformern im Apparat wird mit einer derartigen Positionierung eh unmöglich. Von einer Pro-Bush-Opposition, wie sie nun im Rampenlicht steht, hat die Regierung in Havanna vermutlich wenig zu befürchten. Sehr viel weniger jedenfalls, als wenn all jene Stimme und Öffentlichkeit finden würden, die – außerhalb oder innerhalb der offiziellen Institutionen – auf eine Zukunft jenseits der fatalen Polarisierung des „Mit Fidel oder mit den Yankees“ hoffen. BERT HOFFMANN