Forderung nach AfD-Verbot: „Drehbuch der Verächtlichmachung“

Die Thüringer Landtagskonstituierung endet im Eklat. Der CDU-Mann Wanderwitz und Thüringens SPD-Chef Maier wollen nun ein AfD-Verbot forcieren.

Der CDU-Politiker Marco Wanderwitz auf dem taz lab 2024

Tritt schon länger für ein AfD-Verbot ein: der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz, hier im April 2024 auf dem taz lab Foto: Stefan Boness

Berlin taz | Verhinderte Anträge und Wortmeldungen der demokratischen Parteien durch den AfD-Alterspräsidenten, lange Unterbrechungen und ein ergebnisloser Abbruch nach gut vier Stunden: Nach der chaotischen ersten Sitzung des Thüringer Landtags werden erneut Stimmen nach einem AfD-Verbotsverfahren laut. „Der Auftritt der AfD im Thüringer Landtag folgte ein weiteres Mal dem Drehbuch der Verächtlichmachung der parlamentarischen Demokratie und ihrer Institutionen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz am Freitag der taz.

„Die rechtsradikale AfD tut das planvoll und leider wirkmächtig ob ihrer Wahlergebnisse. Es bedarf dringend eines Verbotsverfahrens beim Bundesverfassungsgericht, wie es das Grundgesetz in Artikel 21 vorsieht.“

Wanderwitz tritt schon länger für ein AfD-Verbotsverfahren ein und sammelt Un­ter­stüt­ze­r*in­nen im Bundestag, um dort einen entsprechenden Antrag einzubringen. Man arbeite hier interfraktionell zusammen und sei „auf der Zielgerade“, sagte Wanderwitz am Freitag. „Wir Demokratinnen und Demokraten müssen uns wehren.“

Für die Einbringung eines solchen Antrags bräuchte es 37 Bundestagsabgeordnete. „Die haben wir zusammen“, hatte Wanderwitz der taz bereits im Juni gesagt.

Auch Thüringens SPD-Chef für AfD-Verbotsverfahren

Auch die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic sagte am Freitag der taz, dass das Parlament aktiv werde müsse. „In der Tat zeigen die Vorfälle in Thüringen erneut, dass die AfD nicht einfach irgendwelche rechten Positionen vertritt, sondern in faschistoider Weise parlamentarische Verfahren aushebelt, wo sie die Möglichkeit dazu wittert“, so Mihalic. „Wir müssen dieser sehr konkreten Gefahr begegnen und im Dialog mit den anderen demokratischen Parteien sehr sorgfältig über das weitere Vorgehen sprechen.“

Nach der Landtagssitzung hatte auch Thüringens SPD-Vorsitzender und Noch-Landesinnenminister Georg Maier ein AfD-Verbotsverfahren gefordert. „Die heutigen Ereignisse im Thüringer Landtag haben gezeigt, dass die AfD aggressiv-kämpferisch gegen den Parlamentarismus vorgeht“, schrieb er auf der Plattform „X“. „Ich denke, dass damit die Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren gegeben sind.“ Die Verstöße der AfD gegen den Artikel 1 des Grundgesetzes, also gegen die Menschenwürde, und die erforderliche „Potentialität“, also die Macht, ihre Ziele auch umzusetzen, seien dabei „schon länger unstrittig“, erklärte Maier.

Die erste Thüringer Landtagssitzung nach der Landtagswahl am Donnerstag war von AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler geleitet worden. Der 73-Jährige hatte in einer Rede einer „politisch-medialen Elite“ die „Verachtung des Volkes“ vorgeworfen und erklärt, der stärksten Fraktion im Landtag stehe das Landtagspräsidentenamt zu, also seiner AfD.

Wiederholt hatte Treutler es abgelehnt, die Beschlussfähigkeit des Landtags festzustellen oder über Geschäftsordnungsanträge der Fraktionen abzustimmen. Abgeordneten von CDU, Linken, BSW und SPD entzog er das Wort. Es folgten heftige Wortgefechte, die anderen Fraktionen warfen Treutler vor, ihre Rechte zu missachten. Zu der geplanten Wahl einer oder eines LandtagspräsidentIn kam es nicht.

Verfassungsgerichtshof will Freitag entscheiden

Die CDU-Fraktion stellte schließlich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Thüringer Verfassungsgerichtshof, damit der Alterspräsident die Anträge der Fraktionen zur Abstimmung stellt. Die Parlamentssitzung wurde darauf unterbrochen. Der Gerichtshof will über den Antrag am Freitagnachmittag entscheiden, bis 12 Uhr soll Treutler eine Stellungnahme übermitteln.

Die Landtagssitzung soll am Samstagmorgen fortgesetzt werden. CDU und BSW wollen dann einen Antrag einbringen, wonach Personalvorschläge für das Landtagspräsidentenamt von allen Fraktionen kommen können und nicht nur von der stärksten Fraktion. Die AfD hatte die Rechtsextremistin Wiebke Muhsal als neue Landtagspräsidentin nominiert. Die 38-Jährige wird aber von allen anderen Fraktionen für diesen Posten abgelehnt.

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