Verbot von „from the river to the sea“: Es ist Volksverhetzung

Die Parole ist viel älter als die Hamas. Sie zu verbieten, ist richtig, nicht aber als Terror-Symbol, sondern für das was sie ist: Vernichtungswille.

Mit Fahnen und den bekannten Slogans wie "Vom Fluss zum Meer" startete der Zug am Barfüserplatz und zog eineinhalb Stunden lang durch Basel, Schweiz

Palästina-Unterstützer schwenken Fahnen während einer Kundgebung am 13.Juli 2024 Foto: Matteo Placucci

Die Parole ist ein Dauerbrenner auf antiisraelischen Demos und bedeutet das Ende Israels als jüdischer Staat: „From the river to the sea, Palestine will be free“. Gemeint ist das Territorium zwischen dem Fluss Jordan und dem Mittelmeer, auf dem sich auch Israel befindet. Wer Zweifel hatte, wie genau diese Parole gemeint wird, konnte es am 7. Oktober mit aller Deutlichkeit sehen: mit Vernichtung. Der Slogan wurde zum antisemitischen Schlachtruf schlechthin, als die terroristische Hamas in Israel ein Blutbad anrichtete.

So ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Düsseldorf am Mittwoch, dass das Verbot dieser Parole rechtens ist, zwar begrüßenswert. Doch sie erfolgt aus dem falschen Grund – nämlich dass „From the river to the sea …“ ein Kennzeichen von Samidoun und der Hamas sei. Beide Organisationen wurden im November 2023 vom Bundesinnenministerium verboten – auch ihre „Kennzeichen“.

Das Wording taucht zwar in der Charta der Hamas von 2017 auf, die „jede Alternative zu einer kompletten und vollständigen Befreiung von Palästina vom Fluss zum Meer“ ablehne. Auch Samidoun, eine Vorfeldorganisation der terroristischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), verwendet die Parole.

Doch die Parole ist viel älter. In der Gründungscharta der Hamas von 1988 taucht sie nicht auf, Samidoun wurde erst 2012 gegründet. Wo und wann genau sie entstand, bleibt unklar. Ab Ende der 1960er Jahre wird sie von der PLO verwendet und seitdem von Ak­ti­vis­t*in­nen weltweit. Auf Arabisch heißt es oft, vom Fluss bis zum Meer bleibe Palästina „arabisch“ oder „islamisch“ – eine wesentlich eindeutigere Botschaft.

Inzwischen wird die Parole ins Lächerliche adaptiert, wie etwa „From Risa to the Spree“ – in Bezug auf das Berliner Schnellrestaurant. Ein pauschales Verbot jeglicher Erwähnung von Flüssen und Meeren wäre natürlich absurd. Gerichte sind bislang zu unterschiedlichen Urteilen gekommen. Gut so, denn der Kontext ist entscheidend. Der antisemitische Vernichtungswille, der allzu oft dahinter steckt und auch so verstanden wird, aber auch. Alleine deshalb ist die Parole Volksverhetzung und sollte auch entsprechend strafrechtlich verfolgt werden

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Nicholas Potter ist Redakteur bei taz zwei. Der britische Journalist schreibt über Medien und Gesellschaft, Neonazis und Nahost, Antisemitismus und Rassismus. Er ist Herausgeber des Buches "Judenhass Underground: Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen", 2023 im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen. Er studierte in London und Berlin.

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