Wirtschaftsprognosen für Deutschland: Nur langsame Erholung erwartet
Erst leichter Rückgang, dann leichtes Wachstum – so blicken Wirtschaftsinstitute auf die nächsten Monate. Ein Grund: geopolitische Unsicherheit.
Berlin afp | Die führenden Wirtschaftsinstitute des Landes haben ihre Prognose zur wirtschaftlichen Entwicklung einmal mehr abgesenkt. Statt eines leichten Wachstums um 0,1 Prozent erwarten die Experten im laufenden Jahr nun einen leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 Prozent, wie die Institute in ihrer sogenannten Gemeinschaftsdiagnose am Donnerstag mitteilten. Auch die Erholung im kommenden Jahr dürfte demnach mit zunächst nur 0,8 Prozent Wachstum schwach ausfallen.
„Neben der konjunkturellen Schwäche belastet auch der strukturelle Wandel die deutsche Wirtschaft“, erklärte Geraldine Dany-Knedlik vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW). „Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und wohl auch der stärkere Wettbewerb mit Unternehmen aus China haben strukturelle Anpassungsprozesse ausgelöst, die die Wachstumsperspektiven der deutschen Wirtschaft dämpfen.“ Im vergangenen Jahr war das deutsche BIP preis- und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent zurückgegangen. Besonders betroffen ist den Instituten zufolge die Industrie und hier besonders investitions- und energieintensive Zweige.
Als Auslöser der konjunkturellen Schwäche sehen die Experten vor allem das hohe Zinsniveau und die hohe wirtschafts- und geopolitische Unsicherheit, die sowohl die Investitionstätigkeit als auch den Konsum der privaten Haushalte belastet hätten. „Die privaten Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante, statt Geld für neue Wohnbauten oder Konsumgüter auszugeben“, erklärten sie.
Als positive Faktoren heben die Wirtschaftsforschenden „das Anziehen der Konjunktur in wichtigen Absatzmärkten wie den europäischen Nachbarländern“ hervor. Das werde den deutschen Außenhandel stützen. Allerdings hinterlasse die wirtschaftliche Schwäche mittlerweile auch „deutlichere Spuren“ am Arbeitsmarkt. „Erst im Verlauf des kommenden Jahres, wenn sich die wirtschaftliche Aktivität allmählich erholt, dürfte die Arbeitslosigkeit wieder zurückgehen.“
An der Gemeinschaftsdiagnose in diesem Herbst beteiligt sind neben dem DIW das Ifo-Institut aus München in Kooperation mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung, das Kiel Institut für Weltwirtschaft, das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle und das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien Wien.
Leser*innenkommentare
nutzer
"BIP um 0,1 Prozent zurückgegangen"
Rezession
"Erholung im kommenden Jahr nur 0,8 Prozent " in der Prognose wird immer ein Plus ausgegeben
"Auslöser ... das hohe Zinsniveau" das war auch genauso gewollt
„Die privaten Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante,.." steigende Arbeitslosigkeit, gestiegene Lebenshaltungskosten, bei gleichzeitig fehlender Aussicht auf Besserung, das ist dann die logische Folge
"wenn sich die wirtschaftliche Aktivität allmählich erholt, dürfte die Arbeitslosigkeit wieder zurückgehen.“ doppelt Konjuktiv, eine Hoffnung wird mit einer anderen begründet, ein Fundament hat das nicht.
Ohne Investitionen, sprich schuldenfinanzierte Kredite, gibt es keinen Impuls für eine Besserung.
Chris12
> „Die privaten Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante, statt Geld für neue Wohnbauten oder Konsumgüter auszugeben“, erklärten sie.
Hat sich etwas in den letzten Wochen geändert, seit diese Statistiken zu dem Ersparten mal durch's Netz gingen? Die Menschen in Deutschland haben auch kein Erspartes im Vergleich zu anderen Ländern. Das wenige Geld, das die Menschen haben, geht mehr und mehr für das Nötigste drauf. Auch wenn die offizielle Inflation sinkt (großer Dank an den Warenkorb, der hierfür gewählt wurde), zahlen die Menschen mehr und mehr an der Supermarkt-Kasse.
Für sehr viele geht es darum, die laufenden Kosten zu decken - an Hauskauf ist hier gar nicht zu denken. Letzteres ist selbst für Menschen in eigentlich gut bezahlten Branchen mittlerweile oft schlicht nicht möglich.
Die Aussagen hier wirken sehr, sehr realitätsfern.