Nach Absage von Landratsamt Pirna: Kirchenasyl für Ausstellung

Das Landratsamt im sächsischen Pirna wollte die Ausstellung zum Leben Geflüchteter nicht zeigen. Jetzt hat sie einen neuen Ort.

Innenansicht der Klosterkirche St. Heinrich des ehemaligen Dominikanerklosters

Asyl für die Asyl-Ausstellung: Die Klosterkirche von Pirna Foto: Sylvio Dittrich/imago

Nachdem das Landratsamt im sächsischen Pirna eine Ausstellung über die Schicksale von 35 geflüchteten Menschen in Deutschland abgesagt hatte, soll die Ausstellung stattdessen am Mittwochabend in der Klosterkirche St. Heinrich in Pirna eröffnet werden.

Eigentlich sollte die Ausstellung des Flüchtlingsunterstützerkreises im erzgebirgischen Schwarzenberg „Es ist nicht leise in meinem Kopf“ kommenden Mittwoch im Rahmen der Interkulturellen Woche im Landratsamt Pirna eröffnet werden. Noch vor Ausstellungsbeginn ließ das Landratsamt die Ausstellung aber wieder abbauen.

Es begründete die Entscheidung damit, dass Aussagen der Geflüchteten wie „… Ich habe kein Leben in Deutschland“ und „… Ich weiß nicht, ob ich hierbleiben will“ aus Sicht des Landratsamts „verständlicherweise den Unmut und das Unverständnis von Bürgern und Mitarbeitern des Landratsamts“ über die gezeigte Ausstellung hervorgerufen habe. Die Ausstellung habe bereits in den ersten Stunden nach ihrem Aufhängen polarisiert und für eine „aufgeheizte Stimmung gesorgt“. Das Amt informierte die Ku­ra­to­r*in­nen der Ausstellung, Lenore und Werner Lobeck, erst nach dem Abbau der Ausstellung.

Frank Richter saß bis vor Kurzem für die SPD im Sächsischen Landtag. Zuvor war er acht Jahre lang Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Er kennt die Ku­ra­to­r*in­nen der Ausstellung gut: „Als Lenore Lobeck mir erzählt hat, dass das Landratsamt die Ausstellung abgebaut hat, wusste ich, dass wir das nicht unwidersprochen lassen können.“

Entsetzt über die Entscheidung

Richter ist über die Entscheidung des Landrats Michael Geisler (CDU) entsetzt: „Ich bin 1960 in der DDR geboren. Eine Ausstellung nach nicht mal einem Tag abzubauen, ohne dass sie überhaupt eröffnet wurde, und dann darauf zu verweisen, dass es anonyme Beschwerden gegeben hat – das ist eine Denkart, die mir aus früheren Zeiten der Meinungsdiktatur sehr bekannt vorkommt“, sagte Richter der taz.

Er habe überlegt, wo man die Ausstellung alternativ zeigen könne, denn ihm sei wichtig gewesen, dass die Ausstellung in Pirna gezeigt werde. Er habe Vinzenz Brendler angerufen, den er aus Studienzeiten kenne. „Wir waren uns schnell einig, dass wir die Ausstellung bei uns zeigen wollen“, sagte Brendler, Pfarrer der Kirchengemeinde St. Heinrich und Kunigunde in Pirna.

In einer Stellungnahme schreibt er: „Jeder Mensch ist von Gott gleich geliebt und gewollt.“ Das heiße im Klartext: „Dazu gehören auch die, die eine andere Hautfarbe haben als ich, die anders denken als ich und auch einer anderen Religion angehören“, so Brendler. „Wir Christen treten für die ein, die als die Schwächsten oft unter die Räder kommen und kein Gehör finden.“ Diesen Menschen mit einer Ausstellung Gesicht und Stimme zu geben, sei in einer christlichen Gemeinde nicht nur möglich, sondern auch geboten, schreibt der Pfarrer.

Nun soll die Ausstellung von kommendem Mittwoch an bis zum 10. Oktober in der Klosterkirche in Pirna gezeigt werden. Zuvor war die Ausstellung bereits in Meißen, Chemnitz und im Sächsischen Landtag in Dresden zu sehen gewesen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben