Portrait über Sri Lankas neuen Präsident: Dissanayake verspricht den Wandel

Sri Lankas neuer Präsident ist links. Anura Kumara Dissanayake verspricht dem verschuldeten Inselstaat einen politischen Neuanfang.

Ein Mann winkt seinen Anhängern zu.

Sri Lankas neuer Präsident Anura Kumara Dissanayake, im September 2024 Foto: Eranga Jayawardena/ap

Colombo taz | Mit dem am Montag vereidigten Präsidenten Anura Kumara Dissanayake hat Sri Lanka erstmals einen stark linksgerichtetes Staatsoberhaupt. Er erbte große Herausforderungen. Denn der Inselstaat ist nach wie vor hoch verschuldet, die Zeichen stehen aber jetzt auf Neuanfang, den der AKD genannte Dissanayake herbeiführen soll.

Bei seiner Amtseinführung versprach er eine „Ära der Renaissance“. Bereits am Vortag hatte er erklärt, der Traum vom Neuanfang sei nur mit allen Bevölkerungsgruppen – Singhalesen, Tamilen, Muslimen – möglich. Große Siegesfeiern blieben aus, doch wurde der Montag zum Feiertag erklärt.

Wirtschaftskreise sind AKD gegenüber skeptisch eingestellt. Sie fürchten, dass der Staat sich zu sehr in die Privatwirtschaft einmische. Dabei erklärte der neue Präsident, die wirtschaftliche Stabilität des Landes zur obersten Priorität zu machen und internationale Unterstützung zu suchen.

„Dissanayake ist der erste Präsident Sri Lankas, der ein Mann des Volkes ist“, lobt Paikiasothy Saravanamuttu, Direktor des Centre for Policy Alternatives (CPA) in Colombo.

Von 3 auf 42 Prozent

Dass AKD bei den Wahlen am Samstag mehr als 42 Prozent der Stimmen erhielt, zeigt bereits einen politischen Wandel. Bei den Präsidentschaftswahlen 2019 hatte er gerade mal 3 Prozent bekommen.

Der 55-Jährige war jetzt als Kandidat des linken Bündnisses National People’s Power (NPP) angetreten, zu dem die Partei Volksbefreiungsfront Janathā Vimukthi Peramuna (JVP) gehört – die traditionell staatliche Eingriffe und niedrigere Steuern befürwortet und sich für linke Wirtschaftspolitik einsetzt.

Dissanayake gewann mit deutlichem Vorsprung vor dem bisherigen Oppositionsführer Sajith Premadasa. Im Wahlkampf hatte AKD Lohnerhöhungen und eine Entlastung der Bevölkerung versprochen.

Dafür gibt es allerdings wenig finanziellen Spielraum. Ein IWF-Rettungspaket über 2,9 Milliarden US-Dollar half Sri Lanka seit März 2023, die wirtschaftliche Lage zu verbessern und Währungsverfall und Inflation unter Kontrolle zu bringen.

Ausgehandelt hatte der Deal der Übergangspräsident Ranil Wickremesinghe, der jetzt mit Platz drei abgestraft wurde.

Entschuldigung für frühere Gewalt seiner Partei

Dissanayake kommt aus einfachen Verhältnissen, doch er schaffte den Sprung an die Uni und engagierte sich in der Hochschulpolitik. Während des Bürgerkriegs (1983 bis 2009) trat er der kommunistischen Volksbefreiungsfront (JVP) bei.

Die JVP startete 1971 und 1987 Guerillakriege gegen den sri-lankischen Staat mit zehntausenden Todesopfern. Das hat die ältere Bevölkerung nicht vergessen. Immerhin entschuldigte sich AKD dafür.

Zugleich gelang es ihm, in der muslimischen Minderheit Befürworter zu finden. Der 62-jährige Gunavijayah Cassim hat AKD zwar nicht gewählt, doch er sagt über ihn: „Er hat betont, dass seine Partei keine Religionsgemeinschaft bevorzugt.“

Wirtschaftliche Fragen wahlentscheidend

Diese Aussage ist vor allem vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Regierung Rajapaksa bei der Wahl vor fünf Jahren stark auf den buddhistischen Nationalismus setzte.

Jetzt wurde die Wahl „vor allem durch das Narrativ der Korruptionsbekämpfung und wirtschaftliche Fragen entschieden“, meint der sri-lankische politische Beobachter Rohan Samarajiva.

Die Zahl der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, hat sich durch Pandemie und Wirtschaftskrise verdoppelt. Dissanayake ist als guter Organisator bekannt. Ob er aber auch liefern kann?

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