UN-Generalversammlung in New York: Kriege, Krisen und Reformbedarf

Bei der UN-Generalversammlung geht es in dieser Woche um globale Krisen und Konflikte – und die Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen überhaupt.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres mit erhobenem Zeigefinger

Eröffnet seit Jahren jede Generalversammlung mit Mahnungen und Warnungen: UN-Generalsekretär Antonio Guterres Foto: Khalil Senosi/dpa

Washington taz | Mehr als 130 Staatschefs werden in dieser Woche bei der 79. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York erwartet. Ganz oben auf der Agenda stehen dabei die Kriege im Gazastreifen, der Ukraine und dem Sudan sowie die wachsende Sorge, dass die Situation im Nahen Osten eskalierten könnte. Zudem wird der scheidende US-Präsident Joe Biden seine wohl letzte Rede auf großem internationalen Parkett halten.

„Es kommt mir so vor, als würden wir das jedes Jahr sagen, aber diese UN-Generalversammlung könnte zu keinem kritischeren und herausfordernderen Zeitpunkt stattfinden. Die Liste der Krisen und Konflikte, die Aufmerksamkeit und Maßnahmen erfordern, scheint immer länger zu werden“, sagte die US-amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield während einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche.

In den letzten Tagen hatte vor allem der sich ausweitende Konflikt im Nahen Osten für viel Unruhe gesorgt. Erst am Donnerstag trafen sich in Paris hochrangige Diplomaten aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien, um sich über die angespannte Lage zu unterhalten. „Ich warne alle Seiten vor weiterer Eskalation in #Nahost. […] Schlag & Gegenschlag bringen die Region keinen Millimeter zum Frieden“, schrieb Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in einem Post auf der Social-Media-Plattform X.

Die Explosionen von elektrischen Kommunikationsgeräten im Besitz der Hisbollah-Miliz sowie gegenseitige Raketenangriffe zwischen Israel und dem Libanon haben die Situation im Nahen Osten weiter verschärft. Diese Angriffe haben in der vergangenen Woche dutzende Todesopfer gefordert und tausende andere zum Teil schwer verletzt. All das kommt nur wenige Wochen vor dem ersten Jahrestag des 7. Oktober, als Hamas-Terroristen in Israel mehr als 1.200 Menschen brutal ermordet hatten.

Guterres: „Krisen interagieren und nähren sich gegenseitig“

„Die Welt wird instabiler, weniger friedlich, und mit der Erosion des Respekts für die Regeln gleitet sie in einen Zustand der Unordnung ab“, sagte der slowenische UN-Botschafter Samuel Žbogar. Slowenien hält aktuell die rotierende Präsidentschaft im UN-Sicherheitsrat.

Neben dem Brandherd Naher Osten werden auch die Kriege in der Ukraine und dem Sudan in den Reden, Arbeitsgruppen und Vieraugengesprächen ein großes Thema sein. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij wird persönlich in New York sein und am Mittwoch sowohl im UN-Sicherheitsrat als auch vor der Generalversammlung sprechen.

Neben den zahlreichen Kriegen stehen auch andere Krisen auf der Tagesordnung der UN. Dazu zählt die sich ausweitende Klimakrise sowie globale Ungleichheiten und Schulden oder auch die Entwicklung künstlicher Intelligenz und anderer Technologien, die ohne Beschränkungen negative Konsequenzen nach sich ziehen könnten. „Krisen interagieren und nähren sich gegenseitig – zum Beispiel, wenn digitale Technologien Desinformation zum Klima verbreiten, die das Misstrauen vertieft und die Polarisierung befeuert“, sagte UN-Generalsekräter Antonio Guterres vergangene Woche.

Auch zur Diskussion steht eine seit langem diskutierte Reform des Sicherheitsrats. Die USA, Deutschland und mehrere weitere Nationen wollen die Zahl der permanenten Mitglieder im Sicherheitsrat erhöhen. Es wäre die erste Vergrößerung des Gremiums seit 1963. Aktuell besteht der Weltsicherheitsrat aus fünf ständigen Mitgliedern – China, Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA – sowie zehn nichtständigen Mitgliedern. Die fünf permanenten Mitglieder verfügen zudem über ein Vetorecht, welches immer wieder für Diskussionen sorgt.

„Gewalt und Krieg breiten sich weiterhin in Regionen überall auf der Welt aus, während die Vereinten Nationen aufgrund der Meinungsverschiedenheiten im Sicherheitsrat größtenteils gelähmt scheinen“, klagte der UN-Botschafter aus Trinidad und Tobago bereits im vergangenen Jahr.

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