Teure Geschenke an Labour-Spitzen: Miese Stimmung bei Starmer

Die britische Regierungspartei sackt in den Umfragen ab. Sie verheddert sich in Skandalen um Geschenke von Spendern an den Premier und seine Minister.

Keir Starmer schaut skeptisch an der Kamera vorbei

Mächtig unter Druck: Premierminister Keir Starmer beim Labour-Parteitag in Liverpook am Sonntag Foto: Phil Noble

Berlin taz | Auf diesen Weckruf hätte Großbritanniens regierende Labour-Partei vor ihrem am Sonntag eröffneten Jahresparteitag gerne verzichtet. Eine neue Meinungsumfrage bescheinigt Partei- und Regierungschef Keir Starmer einen beispiellosen Absturz in den persönlichen Sympathiewerten. Die sind nach der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Opinium“ seit dem Wahlsieg von +19 auf –26 Prozent (Unterschied zwischen positiven und negativen Meinungen) gefallen. Starmer ist demnach unbeliebter als alle anderen Parteichefs in Großbritannien.

Zuvor sah eine andere Meinungsumfrage Labour bei nur noch 29 Prozent der Stimmen, sechs Prozent weniger als beim Wahlsieg im Juli, wo Labour bereits viel schlechter abschnitt als zuvor prognostiziert. Und bei drei kommunalen Nachwahlen am vergangenen Donnerstag büßte Labour jeweils 16, 20, 21 und 29 Prozentpunkte ein.

Seit dem Amtsantritt am 5. Juli hat Labour-Premierminister Keir Starmer mit schlechten Nachrichten zu kämpfen. Für die schweren rechtsextremen Ausschreitungen Anfang August konnte seine Regierung nichts. Selbstverschuldet aber ist die ständige Betonung, Großbritannien müsse einen harten Sparkurs fahren, weswegen etwa die allgemeine Winterbeihilfe für Rentner abgeschafft werden soll – und zugleich kommen immer neue Fälle von Annahme üppiger privater Geschenke durch Labour-Regierungsmitglieder ans Tageslicht.

Zuerst wurde bekannt, Labour-Oberhausmitglied Lord Alli – ein schwerreicher TV-Unternehmer, der in der Ära Tony Blair als erster schwuler Muslim ins ehrwürdige House of Lords einziehen durfte – habe einen unbeschränkten Hausausweis für den Amtssitz des Premierministers in 10 Downing Street. Den erhalten Menschen, die dort nicht arbeiten, normalerweise nie. Dann wurde öffentlich, dass Keir Starmer und seine Ehefrau Victoria Starmer seit Monaten von Alli mit Geschenken überschüttet werden – Modelabels für die First Lady, Brillen und Kleidungsstücke für den Premierminister. Wie so oft wurden dabei nicht nur die Geschenke an sich zum Skandal, sondern der Umstand, dass sie nicht ordnungsgemäß gemeldet waren.

Geschenke im Wert von fast einer Million Euro

Auf die Spur gebracht, haben Medien nun immer mehr Vergünstigungen, Geschenke und Nettigkeiten reicher Labour-Parteispender an Regierungsmitglieder aufgespürt: Karten für Konzerte von Taylor Swift, VIP-Lounges bei den Londoner Fußballclubs Arsenal und Tottenham Hotspur, Kleidung im Überfluss. Insgesamt hätten Labour-Kabinettsmitglieder in diesem Jahr Geschenke und Spenden im Wert von 800.000 Pfund (fast eine Million Euro) zum persönlichen Gebrauch angenommen, stellte der konservative Telegraph am Samstag fest. Spitzenreiter sei Außenminister David Lammy.

Da hatte Starmer bereits zusagen müssen, zukünftig keine Kleiderspenden anzunehmen. Der Eindruck einer Kombination von Gier und Schäbigkeit blieb aber bestehen. Am Sonntag wurde bekannt, Vizepremierministerin Angela Rayner habe den Jahreswechsel 2023/24 in New York mit einem Parteikollegen in einer Wohnung von Lord Alli verbracht und Bildungsministerin Bridget Phillips habe ihren 40. Geburtstag mit 14.000 Pfund von Lord Alli gefeiert – „zu Arbeitszwecken“, wie sie im Fernsehen behauptete.

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