Linken-Politiker zieht vor BGH: Klage gegen rechte Trittbrettfahrer

Der Linken-Abgeordnete Sören Pellmann verlangt von Rechtsextremisten Schadensersatz. Jetzt zieht er mit seiner Forderung vor den Bundesgerichtshof.

Sören Pellmann steht mit Polizisten zusammen.

Auf dem Augustusplatz in Leipzig: Bundestagsabgeordneter und Anmelder der Demo Sören Pellmann Foto: Eibner/Koehler/imago

BERLIN taz | Können Politiker:innen, die vom politischen Gegner vereinnahmt werden, Schadensersatz verlangen? Diese Grundsatzfrage muss bald der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entscheiden. Es geht um eine Klage des Linken-Abgeordneten Sören Pellmann gegen die rechtsextremistische Kleinpartei Freie Sachsen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist ein Konflikt unter Po­pu­lis­t:in­nen im Sommer 2022. Damals stiegen die Energiepreise massiv, nicht zuletzt, weil Russland die Gaslieferungen nach Europa stark drosselte. Rechtsextremistische Parteien wie die Freien Sachsen machten dafür jedoch die Bundesregierung verantwortlich und kündigten einen „heißen Herbst“ an. Die Linke wollte beim Protest nicht zurückstehen, der Leipziger Abgeordnete Sören Pellmann rief deshalb in Leipzig zu einer Kundgebung unter dem Motto „Heißer Herbst gegen soziale Kälte“ auf. Darauf meldeten die Freien Sachsen am selben Tag ebenfalls auf dem Leipziger Augustusplatz eine eigene Kundgebung an, „Gemeinsam gegen die da oben“.

Der juristische Streit bezieht sich auf die Demo-Ankündigung der Freien Sachsen, in der sie versuchten, die Pellmann-Kundgebung für sich zu vereinnahmen. Auf Telegram behaupteten die Rechtsextremisten, dass hier die gesamte Opposition „gemeinsam gegen die Energie- und Sanktionspolitik der Regierung auf die Straße“ gehe. Quasi als Beleg veröffentlichten die Freien Sachsen eine Rednerliste: Neben ihrem Vorsitzenden Martin Kohlmann und anderen Rechtsextremisten wurden auch Sören Pellmann und Gregor Gysi aufgelistet.

Noch vor dem Tag der beiden Kundgebungen erwirkten Pellmann und Gysi eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Leipzig. Die Freien Sachsen durften für ihre Kundgebung nicht mehr mit Pellmanns Namen werben.

Oberlandesgericht lehnt ab

In einer weiteren Klage verlangte Pellmann von den Freien Sachsen aber auch Schadensersatz in Höhe von mindestens 10.000 Euro. Dies soll präventiv künftige Vereinnahmungsversuche entmutigen. Beim Landgericht Leipzig hatte der Linken-Abgeordnete im Dezember 2023 auch Erfolg.

Doch das Oberlandesgericht (OLG) Dresden lehnte im April 2024 Pellmanns Klage ab. Die Vereinnahmung seines Namens durch die Freien Sachsen sei zwar rechtswidrig gewesen, aber keine „schwerwiegende“ Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Die Vereinnahmung des politischen Gegners gehöre zum politischen Geschäft und rechtfertige keinen Schadensersatz.

Pellmann, der inzwischen Co-Vorsitzender der Linken-Gruppe im Bundestag ist, gab aber nicht auf und ging in die Revision zum BGH; die Revisionsbegründung liegt der taz vor. Darin argumentiert Anwalt Matthias Siegmann, dass die Vereinnahmung von Pellmanns Namen nicht weniger schwer wiege, weil sie im politischen Meinungskampf erfolgte, sondern dies die Verletzung des Persönlichkeitsrechts sogar vertiefe. Die Vereinnahmung durch den politischen Gegner gefährde nämlich die Glaubwürdigkeit eines Politikers, insbesondere wenn ein Linker durch Rechtsextremisten benutzt wird. „Beide könnten mit ihren politischen Überzeugungen und Inhalten nicht weiter auseinanderliegen“, schreibt Anwalt Siegmann.

Die mündliche Verhandlung des BGH wird wohl erst nächstes Jahr stattfinden.

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