Querelen um Kunsthalle Baden-Baden: Hochkultur ist halt bequemer

Damit Rubens an einer klassiszistischen Wand hängen kann, muss in Baden-Baden Gegenwartskunst weichen. Warum trifft es immer die Experimente?

Aussenaufnahme der Kunsthalle Baden-Baden

Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden Foto: Uli Deck/dpa

Kultur und knappe Mittel, das ist ein Dauerzustand. Doch derzeit ist angesichts zahlreicher Etatkürzungen auf Bundes- und Landesebene von einem regelrechten Kulturabbau die Rede. Und wo wird abgebaut? Eher dort, wo es unbequem zugehen kann, wo es ums Experiment geht und die Kunst mit ästhetischen Überschreitungen vielleicht auch gesellschaftlich was zur Diskussion bringen kann.

Diesen Eindruck bestätigt ein Aufreger aus Baden-Württemberg. Die Kunsthalle Baden-Baden stehe vor dem Aus, vernimmt man von dort, ihre prominente Direktorin Çağla İlk, Kuratorin des viel gelobten Deutschen Pavillons auf der diesjährigen Kunstbiennale, müsse gehen.

Hintergrund ist, dass die Kunsthalle Karlsruhe, eines der größten Museen in Deutschland, saniert werden muss. Zehn Jahre soll das dauern. Ihre traditionsreiche Sammlung könnte ab 2025 in dem klassizistischen Bau der Kunsthalle Baden-Baden einziehen. Die bisherige Interimsstätte der Karlsruher Kunsthalle ist ein Gebäudeflügel des bekannten ZKM – sieht gar nicht schlecht aus, so ein Rubens an der Wand eines Industriegebäudes, nur will man ihn lieber in den klassizistischen Sälen sehen.

Auch der Vertrag von Çağla İlk läuft 2025 aus. Misal Adnan Yildiz, mit dem sie 2020 im Direktorenduo für die Kunsthalle angetreten war, hatte ohnehin schon seinen frühzeitigen Abgang angekündigt. Hier wird doch nichts abgebaut, könnte man also vermuten, elegante Lösung sogar, die Kunsthalle Baden-Baden für zehn Jahre pausieren zu lassen, Geld zu sparen und dort die Sammlung der Nachbarstadt zu zeigen. Zumal es in Baden-Baden noch mit dem Museum Frieder Burda ein großes Haus für Gegenwartskunst gibt.

Doch das Museum Frieder Burda ist ein Privatmuseum und verfolgt seine eigene Ausstellungspolitik. Die Kunsthalle Baden-Baden wiederum setzt schon seit Langem, auch schon vor İlk und Yildiz, aufs Experiment, dafür ist das Haus sogar in der jüngeren Kunstgeschichte legendär geworden.

Schon Harmloses provoziert

Manchen kann ihr Programm auch zu ungemütlich werden. Als „geschmacklos und abstoßend“ bezeichnet der Baden-Badener FDP-Chef René Lohs jetzt die von İlk und Yildiz beauftragte Neugestaltung des Foyers. Künstler Viron Erol Vert bezieht sich dort mit einem munter-bunten Eklektizismus auf die multikulturelle Geschichte Baden-Badens, das sei „links-grünes Kunstverständnis“, meint Lohs.

Dass Verts harmlose Installation schon eine Provokation ist, zeigt doch: Ein zehnjähriges Runterfahren der Kunsthalle Baden-Baden würde einige nötige Diskussionen gar nicht erst aufkommen lassen, stattdessen bequemt man sich mit Rubens an klassizistischen Wänden.

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