Ehemaliges SEZ in Friedrichshain: Nur von außen heruntergekommen

Die Zwangsräumung des ehemaligen DDR-Spaßbads und Freizeitszentrums SEZ steht an. Bei einer Podiumsdiskussion wollen fast alle eine Nachnutzung.

Frau steht vor Fassade des SEZ, die mit Werbeplakaten zugeklebt ist

Außen pfui, innen eher hui? Das SEZ in Friedrichshain Foto: IMAGO / Hohlfeld

Berlin taz | Wenn es mit gutem Zureden nicht funktioniert, dann eben mit dem Gerichtsvollzieher: Das SEZ in Friedrichshain, das in den letzten Jahren dramatisch heruntergewirtschaftete ehemalige Spaßbad und Freizeitzentrum aus DDR-Zeiten, soll geräumt werden, laut Berliner Zeitung bereits am 1. Oktober.

Ende letzten Jahres entschied der Bundesgerichtshof, dass der derzeitige Eigentümer, der Leipziger Investor Rainer Löhnitz, das Gebäudes an das Land Berlin zurückzugeben habe. Das Gericht folgte der Argumentation des Senats, Löhnitz habe während der letzten 21 Jahre vertragswidrig sein Versprechen nicht eingehalten, den kurz nach der Wende eingestellten Bäderbetrieb wieder aufzunehmen. Aber Löhnitz, der bei seinem jahrelangen Rechtsstreit mit der Stadt enorme Renitenz bewiesen hat, wollte selbst diesen Beschluss nicht akzeptieren. Deswegen kommt es in ein paar Tagen wohl wirklich zum finalen Showdown.

Eine große Frage wäre damit aber noch nicht letztgültig beantwortet: Was geschieht mit dem SEZ, wenn die Stadt die Schlüssel zum Gebäude endlich wieder in den Händen hält? Der noch vom rot-rot-grünen Senat erstellte Bebauungsplan aus dem Jahr 2018 sieht den Komplettabriss des 1981 eröffneten einstigen Komplexes vor. Er soll dem Bau von 500 Wohnungen und einer Schule weichen. Der aktuelle schwarz-rote Senat vertritt bislang die Position, genau diesen Bebauungsplan umsetzen zu wollen.

Doch dagegen gibt es Widerstand, von Initiativen wie „SEZ für alle“ und vor allem von der Linkspartei. Letztere lud am Mittwochabend zu einer Podiumsdiskussion in den Veranstaltungsraum einer Schule in unmittelbarer Nähe zum SEZ. Dabei hatte der SPD-Abgeordnete Mathias Schulz den undankbaren Job, den geplanten Abriss des in den letzten Jahren kaum noch genutzten Gebäudes zugunsten dringend benötigter Wohnungen zu verteidigen. Alle seine Gesprächspartner und weitgehend auch das Publikum waren dagegen der Meinung, man müsse das Gebäude unbedingt in irgendeiner Form erhalten.

Und das aus mehreren Gründen: Susanne Lorenz von SEZ für alle etwa war der Meinung, das SEZ wieder in ein Spaßbad rückzuverwandeln, stünde Berlin gut zu Gesicht, weil es im Land sowieso einen Mangel an öffentlichen Bädern gebe. Carl Waßmuth vom Verein Gemeingut in Bürgerhand wiederum nannte den Erhalt aus ökologischen Gründen „notwendig“.

„Die Grundsubstanz ist top“

Als Bauingenieur habe er das SEZ in der letzten Zeit mehrfach betreten können, so Waßmuth, und der äußere Eindruck des Heruntergekommenen täusche: „Das SEZ ist intakt, die Grundsubstanz top.“ Deswegen, so ergänzte ihn die Präsidentin der Berliner Architektenkammer, Theresa Keilhacker, müsse „Bestandsertüchtigung vor Neubau“ gehen. Aus ihrer Sicht sei das SEZ auch bautechnisch „einmalig“ und müsste eigentlich unter Denkmalschutz gestellt werden.

Dabei wurde Wohnungsbaubefürworter Mathias Schulz auch nicht völlig ins Abseits gestellt: Ausgehängte Ideen für einen „Zukunftsplan SEZ“ ließen durchaus Raum für zusätzliche Wohnungen und eine Schule auf dem riesigen Areal. Auch das Konzept von Damiano Valgolio, der sich bei der Linkspartei besonders stark für den Erhalt des SEZ einsetzt und das Podium moderierte, sieht den Bau von bis zu 300 Wohnungen vor.

Nun muss aber erst einmal die Räumung erfolgreich über die Bühne gehen und das Objekt genauer begutachtet werden. Denn, so SPDler Schulz: „Der Senat weiß gar nicht, wie es innen aussieht.“

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