Labour-Parteitag in Großbritannien: Rentenrevolte gegen Starmer
Auf Antrag von Gewerkschaften stimmen die Labour-Delegierten gegen Pläne der Regierung, Heizkostenbeihilfen zu kürzen.
Liverpool taz | Der britische Premierminister Keir Starmer war am Mittwoch bereits in New York bei den Vereinten Nationen, als seine Labour-Partei ihm in der allerletzten Stunde ihres Jahresparteitags in Liverpool eine Niederlage zufügte. Die Delegierten stimmten für einen Antrag von zwei Gewerkschaften, Unite und CWU, gegen die von der Regierung geplante Streichung der Winterheizkostenbeihilfe für alle bis auf die ärmsten Rentner:innen.
Kurz vor zwölf Uhr mittags skandierten an die zwei Dutzend Gewerkschaftler:innen vor dem Saal „Save the Winter Fuel Allowance!“, während Arbeits- und Rentenministerin Liz Kendall drinnen ihr Bestes versuchte: Die Renten würden sicher bleiben, zusätzliche Hilfen für Verarmte kämen. Dass die Heizkostenbeihilfe gestrichen wird, schob sie auf das Finanzloch von 22 Milliarden Pfund, welches die Tories hinterlassen hätten.
Dann aber begab sich Unite-Generalsekretärin Sharon Graham ans Podium und begann ihre Rede mit einem Zitat aus dem Labour-Wahlprogramm 1945, das damals trotz härterer Umstände bessere Zeiten versprach. „Freunde, die Menschen können nicht – ich selber kann nicht – verstehen, wie Labour die Winterheizkostenbeihilfe für Rentner:innen streichen kann, aber die Superreichen unangetastet lässt!“, sagte sie zum lauten Beifall der Versammelten.
Eine Delegierte älteren Jahrgangs sprach sich zwar gegen den Antrag aus, da sie das Geld nicht brauche, doch die versammelten Delegierten stimmten dennoch per Handzeichen gegen die Regierungspläne. Euphorischer Jubel brach im Saal aus. Obwohl sich die Labour-Fraktion im Parlament nicht daran halten muss, ist es ein Triumph für die Parteibasis.
Auch einige Parlamentsmitglieder begrüßten es. Die Labour-Abgeordnete Rosie Duffield schrieb auf X: „Unsere Partei wurde zum Schutz der Verletzlichsten gegründet und hat heute ihren starken Willen dargelegt, dass sie von diesem Mandat niemals zurücktreten darf.“
Leser*innenkommentare
tomás zerolo
Das gibt einem etwas Hoffnung.
Nachdem die Sozialdemokratie durch eine bösartige Mutation [1] [2] [3] bereits klinisch tot erscheint, spriesst ab und zu ein grünes Zweiglein aus ihren Aschen.
Dass Bedarf an "the real deal" besteht, zeigt die Beliebtheit Bernie Sanders', zeigen die zwischenzeitlichen Erfolge Jeremy Corbyns.
Jetzt müssten nur noch die gewälten Vertreter*innen ihre Schüchternheit auf die Seite legen: Leute, wenn Ihr immer so feige reagiert, wei bei Gesine Schwans offenem Brief [4], dann wird's nie was mit uns.
[1] en.wikipedia.org/wiki/Third_Way
[2] www.thenation.com/...ir-1990s-politics/
[3] jacobin.com/2016/0...-social-democracy/
[4] taz.de/Gesine-Schw...spolitik/!6035614/