Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wie die AfD ein Volksfest stört

Bunt und vielfältig: Am vergangenen Wochenende fand der 27. Bothfelder Herbstmarkt in Hannover statt. Die Eröffnungsrede hielt Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), zu dessen Wahlkreis Bothfeld gehört. Danach boten Vereine und Organisationen aus dem Stadtteil Kunst und Kultur an. An den zwei Tagen wechselten sich bei dem Straßenfest Rock und Pop mit Jazz und Swing ab. Streetfood-Wagen, Kunsthandwerk, eine Modenschau der Feuerwehr, der Chor einer Kleingartenvereins, sogar der Star-Wars-Fanklub hatte seinen Auftritt. Eine friedliche Feier – bis die AfD kam.

An verschiedenen Ständen habe es Provokationen gegeben, berichtet Martina Raab, Stadteilgruppensprecherin von Bündnis 90/Die Grünen. Beim Infostand der Grünen seien mehrere Hände voll Buttons und Sticker mit der Aufschrift „bunt statt braun“ entwendet worden. AfD-Anhänger*innen gingen auch die „Omas gegen rechts“ an. Die Bothfelderin An­drea Kinze berichtete den Grünen, als sie sich bei dem Netzwerk informieren wollte, habe sie gesehen, wie mehrere „Männer der AfD sich vor den Omas aufbauten und sie umzingelten“. „Ich wohne seit über 20 Jahren hier in Bothfeld und jetzt kommt die AfD und randaliert auf unserem schönen Stadtteilfest“, sagte sie.

In diesem Jahr schüchterte das Verhalten der AfD aber auch explizit nicht nur politische Ausstellende ein. „Die AfD patrouillierten sehr offensichtlich mit ihren hellblauen Shirts und musterten den Stand unseres Kindergartens bedrohlich, der sich sehr aktiv für Inklusion und Vielfalt einsetzt“, berichtet Jannika Theil, Vorsitzende des Elterninitiativ-Kindergartens Einsteinstr. e. V. Laut einer Pressemitteilung der Grünen sagt sie weiter, dass sie diese Anfeindung aus Bothfeld gar nicht kenne. „Wir sind seit über 50 Jahren hier im Stadtteil verankert“, sagt Theil. Die AfD-Anhänger dagegen „müssten aus ganz Niedersachsen gekommen sein, denn sie trugen Shirts mit Aufschriften aus den unterschiedlichsten Kreisverbänden“.

Foto: Jungsfoto: dpa

Andreas Speitarbeitet als freier Jour­nalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Bereits im vergangenen Jahr war die AfD auf dem Markt provokant aufgetreten. Mit Folgen: „Nachdem sich alle demokratischen Parteien bei den Veranstaltern dafür eingesetzt hatten, dass die AfD nach so einem Verhalten nicht mehr an der Veranstaltung teilnehmen darf“, habe die Gemeinschaft Bothfelder Kaufleute die Partei ausgeladen, sagt Raab. Diese Ausladung hatte die Partei nun unterlaufen, indem sie einen Stand neben dem Veranstaltungsgelände anmeldete. Jugendliche des ansässigen Sportvereins hatten irgendwann genug von den Provokationen und bildeten eine Menschenkette um den AfD-Stand.

Bei anderen Festen wie dem Märchenfest im Stadtteil Sahlkamp sei es unlängst zu ähnlichen Vorfällen gekommen, weiß Raab. Die ehemalige Stadtbezirksmanagerin hat lange den Stadtbezirk Bothfeld-Vahrenheide betreut. Sie betont: „Es darf nicht sein, dass die AfD unser vielfältiges und friedliches Zusammenleben in den Stadtteilen stört.“

Weil sie im Vorjahr provoziert hatte, musste die AfD ihren Stand nebenan aufbauen

Das Agieren der AfD in Niedersachsen offenbart, dass die Strategie Raumergreifung nicht nur im Osten der Republik verfolgt wird. Die Partei sucht die Konfrontation durch Provokation.