Kindesmissbrauch in Malaysia: Tatort Kinderheim

Hunderte Kinder sollen in Einrichtungen einer Firmengruppe sexuell misshandelt worden sein. Sie steht einer verbotenen islamischen Sekte nahe.

Ein Mann hinter Mikrofonen

Malaysias Polizeichef Razarudin Husain bei einer Pressekonferenz am Montag in Kuala Lumpur Foto: ap

Berlin taz | Seit Wochen geht die Polizei in Malaysia mit Razzien gegen die islamische Firmengruppe GISB (Global Ikhwan Services and Businesses) Holdings vor. Zuletzt wurden am Dienstag im Rahmen der „Operation Global“ drei Gebäude im nordwestlichen Bundesstaat Kedah durchsucht, berichtete die New Straits Times.

Festnahmen gab es dabei laut Kedahs Polizeichef Fisol Salleh nicht, auch keine Befreiungen mutmaßlich missbrauchter Kinder. Gegen die Firmengruppe und die hinter ihr stehende verbotene islamische Sekte wird wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe auf Kinder ermittelt.

Am Vortag hatte Malaysias Polizeichef Razarudin Husain bei einer Pressekonferenz in Kuala Lumpur erklärt, dass am Wochenende 187 Personen, darunter 59 unter fünf Jahre alt, aus Heimen und Einrichtungen der GISB befreit worden seien. Damit hätte die Polizei bisher insgesamt 572 minderjährige Personen aus den Fängen der Firmengruppe befreit. Bisher seien laut Fisol mehr als 300 Personen festgenommen und bereits sieben angeklagt worden.

Laut Razarudin seien unter den Festgenommenen 32 Führungspersonen. Auch seien GISB-Mitarbeiter auf der Flucht. Die betroffenen Kinder seien meist Kinder von GISB-Mitarbeitern gewesen, die seit dem Säuglingsalter in den Heimen untergebracht und zur Loyalität gegenüber GISB-Firmen erzogen worden seien.

Medizinische Behandlung verweigert

Die Polizei geht davon aus, dass einige Kinder von GISB-Mitarbeitern vergewaltigt wurden und ihnen beigebracht wurde, sich gegenseitig sexuell zu befriedigen. Auch soll ihnen medizinische Behandlung verweigert und sie mit physischer und psychischer Gewalt zum Gehorsam gezwungen worden sein.

Viele Kinder benötigten jetzt psychologische Hilfe. Razarudin berichtete von einem Festgenommenen, der 34 Kinder mit vier Frauen habe. „Nur zwei Kinder lebten mit ihm. Er weiß nicht, wo die anderen 32 Kinder sind“, sagte der Polizeichef laut Channelnewsasia.

Laut einem Bericht hat die 2010 gegründete Holding GISB 5.346 Mitarbeiter. Sie besitzt Märkte, Bäckereien, Restaurants, Apotheken und Waschsalons in Malaysia, Indonesien, Singapur, Ägypten, Saudi-Arabien und Frankreich. GISB fördert nach eigenen Angeben eine „islamische Lebensweise“ und steht der malaysischen Sekte Al-Arqam nahe. Diese wurde 1968 gegründet und 1994 als „irrgläubig“ verboten. In Malaysia ist der sunnitische Islam Staatsreligion. Andere islamische Ausrichtungen wie etwa die schiitische sind verboten.

Am 19. September war auch der GISB-Geschäftsfüher mit zwei seiner Frauen und zwei Kindern festgenommen worden. Er soll „einige Fälle von Sodomie“ in GISB-Heimen zugegeben haben. Auch Familienangehörige des im Jahr 2010 verstorbenen Sektenführers Ashaari Mohamad wurden festgenommen.

Keine Beanstandung

Bisher seien umgerechnet 192.000 Euro, 138 Bankkonten, 38 Fahrzeuge und 14 Grundstücke beschlagnahmt worden, dazu zahlreiche Nutz- und Haustiere, sagte Razarudin. Das Vermögen von GISB wird auf 70 Millionen Euro geschätzt.

Laut Al Jazeera erklärte GISB vorletzte Woche: „Es ist nicht unsere Politik, Dinge zu tun, die gegen den Islam und die Gesetze verstoßen.“ Zwei der durchsuchten Gebäude seien erst im Juli ohne Beanstandung von der staatlichen Aufsicht für Islamschulen geprüft worden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben