Aufhebung des „Compact“-Verbots: Eine berechtigte Entscheidung

Für Medienverbote muss es besonders hohe Hürden geben, auch bei extremistischen Magazinen wie „Compact“. Die Gerichtsentscheidung ist deshalb richtig.

Demonstranten halten ein Plakat mit der Titelseite eines Compact-Magazins hoch sowie Fahnen und Plakate der AFD

Die Demokratie muss einiges aushalten: Demonstranten der AFD und anderer rechter Gruppen vor dem Reichstagsgebäude in Berlin Foto: Stefan Boness/ipon

Das rechtsextremistische Magazin Compact kann vorläufig wieder erscheinen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und gab damit einem Eilantrag von Compact statt. Die Leipziger Rich­te­r:in­nen zeigen damit, dass sie für Medienverbote besonders hohe Hürden sehen – und das ist gut.

Die Compact Verlags GmbH war im Juli von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verboten worden, weil sich das vom Verlag herausgegebene Magazin Compact gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Grundlage hierfür war das Vereinsgesetz. Dass ein Medium auf Grundlage des Vereinsgesetzes verboten wird, fanden damals viele seltsam, auch Bürgerrechtler:innen. Wird hier nicht die Pressefreiheit unterlaufen?, fragten sie.

Diese Kritik hat das Bundesverwaltungsgericht nun aber zurückgewiesen. Der Verlag sei eine Organisation und kann daher nach dem Vereinsgesetz verboten werden. Mit dieser Argumentation war zu rechnen.

Dennoch ist die Leipziger Entscheidung – bei aller Ablehnung der Inhalte von Compact – erfreulich. Denn der Beschluss zeigt, dass die Prüfung der Verhältnismäßigkeit hier ernst genommen und der Pressefreiheit ein großes Gewicht zugemessen wurde. Dreh- und Angelpunkt ist dabei, ob die teilweise menschenverachtenden Äußerungen im Compact-Magazin für die Publikation „prägend“ sind.

Eine Schlappe für Innenministerin Faeser steht bevor

Wenn etwa behauptet wird, die Masseneinwanderung verwandele Deutschland in eine „große Vergewaltigungszone“, dann verletzt diese Pauschalverhetzung die Menschenwürde aller Einwanderer. Aber das Gericht wird in der Hauptverhandlung prüfen, ob solche Formulierungen die Regel oder die Ausnahme sind.

Den Rich­te­r:in­nen hat vermutlich zu denken gegeben, dass in der Verbotsverfügung viel aus Äußerungen von Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer bei Veranstaltungen zitiert wurde. So habe Elsässer gesagt, das Ziel von Compact sei „der Sturz des Regimes“. Das Leipziger Gericht hält daher zum Beispiel konkrete Versammlungsverbote für ein milderes geeignetes Mittel als ein generelles Verbot.

Diese Herangehensweise ist zu begrüßen. Und es spricht manches dafür, dass dieser Gedanke dann auch in der Hauptsache-Entscheidung zum Tragen kommt. Hier deutet sich eine Schlappe von Innenministerin Nancy Faeser an, die nicht zum ersten Mal den Schutz von Grundrechten vernachlässigt.

Allerdings hängt vieles nun auch von Compact selbst ab. Wenn die Ex­tre­mis­t:in­nen nun erst recht hetzen, dann kann am Ende doch auch ein Verbot von Verlag und Magazin stehen. Dann haben sie es aber auch nicht anders verdient.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bilder zur Pressefreiheit 2024 Illustration von Lucia Žatkuliaková 6976051 6008040 g6008040

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.