Vorbild mit Taschengeld

LIZENZ Wer Sporttrainer werden will, muss sich qualifizieren. Geschult werden auch juristische und pädagogische Themen

In Hamburgs Vereinen gibt es rund 10.000 Trainer. Meist sind es junge Menschen, die den Sport selber noch betreiben und ihr Hobby zum Nebenjob machen

VON TIMO ROBBEN

Mit ihren Schützlingen durchschreiten sie Täler tiefen Leids. An ihrer Seite erklimmen sie Gipfel größter Freude. Sie geben Trost, wenn der Sechsjährige sich mit dem Eigentor blamiert. Sie verarzten kaputte Knie, klopfen auf Schultern. Rund 10.000 TrainerInnen gibt es allein in Hamburg. Sie müssen ihr Handwerk erlernen, um diese Bezeichnung zu führen.

„Lizenzen braucht es“, sagt Thomas Michael, Sprecher des Hamburger Sportbundes (HSB) und entwirrt das Knäuel der Sporttrainerlizenzen. „Es geht los mit der C-Lizenz“, erklärt er. In 120 Lehreinheiten werden Trainingsplanung, Bewegungslehre, Grundzüge der Pädagogik, Erste Hilfe und juristische Fragen behandelt. Aauf die C-Lizenz folgt die B-Lizenz – hier werden das Erlernte vertieft und andere Schwerpunkte gesetzt. Zum Beispiel die Vorbereitung auf Wettkämpfe. „Dann kommt die A-Lizenz. Die könnte man nur noch mit dem Sport-Studium toppen“, sagt Michael.

Hierbei geht es nicht mehr um den Fußballtrainer, der die D-Jugendlichen anschreit. „Die Abstufung C, B und A kann man sich vorstellen wie die Abstufung zwischen Haupt-, Realschule und Gymnasium“, erläutert Gilda Golcz vom Bildungsreferat des Hamburger Sportbundes. Das System ist bundeseinheitlich. Die Richtlinien gibt der Deutsche Olympische Sportbund vor. Die Ausbildung übernehmen die Fachverbände – künftige Fußballtrainer zum Beispiel schult der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die Schwimmtrainer der Deutsche Schwimm-Verband (DSV).

Juliane Ellrich arbeitet als Trainerin im Hamburger Schwimmverein Poseidon. Sie unterrichtet Kinder zwischen fünf und 13 Jahren. „Ich schwimme selber schon, seit ich zehn Jahre alt bin“, sagt sie. Mit 16 hat sie die C-Lizenz gemacht. „Ich habe schon vorher Trainer vertreten und mich um die Kinder gekümmert“, so die 19-Jährige.

Der nächste Schritt war die Trainerausbildung. An sechs Wochenenden hat sie in Seminaren gebüffelt, die wiederum selbst von Trainern abgehalten wurden. Sie musste eine Hausarbeit über Trainingsmethoden und Gruppenpädagogik schreiben. Und schließlich kam ein Prüfer, der ihren Trainingsstil und ihre Beziehung zu den Schwimmschülern bewertete. Nach zweieinhalb Monaten hatte sie die Lizenz in der Tasche. „Hinterhergeschmissen wird einem sicher nichts“, sagt Ellrich.

Nun sei sie ein Vorbild für die Kinder im Verein. „Es ist schön, wenn die Kinder nach den Wettkämpfen zu mir kommen und mich umarmen, weil sie gewonnen haben.“ Sie macht den Job neben dem Studium auf 400-Euro-Basis – so ist das Hobby zum Nebenjob geworden.

Hauptberufliche Sporttrainer gibt es ohnehin selten. „Sie müssen sich die Gehälter der Fußballtrainer der Bundesliga aus dem Kopf streichen“, sagt Thomas Michael. Der Hamburger Landestrainer im Rudersport, Bernd Nennhaus, zum Beispiel produziere sogar Olympia-Sieger. „Der ist auch nicht hoch bezahlt.“

Trainer der Fußball-Bundesliga hätten in der Regel die A-Lizenz. Zusätzlich benötige man die DFB-Trainerlizenz. „So wie Stefan Effenberg letztens eine gemacht hat.“

Sporttrainer kann jeder werden. „Das ist auch ganz bunt gemischt“, sagt Michael Thomas. „Wir haben 540.000 Mitglieder. Der Verein ist so vielfältig wie die Stadt.“ Manchmal machen Eltern den Trainerschein, oft aber auch junge Menschen, die den Sport selber noch betreiben. Das große Geld verdienen nur wenige. Viele der Menschen, die drei Nachmittage in der Woche damit verbringen, Kinder in produktive Bahnen zu lenken, tun das ehrenamtlich.

Im Bereich der Fitnessstudios ist der Trainerjob mittlerweile für viele zum Broterwerb geworden. McFit zum Beispiel, eine der großen Fitnessstudio-Ketten, hat eigene Schulungen. „Alle unsere Trainer erhalten bei uns eine interne Ausbildung“, schreibt die Presseabteilung. Damit werde sichergestellt, dass sich alle Trainer an das unternehmenseigene Fitnessprogramm halten. Im Bereich Fitnesstraining gebe es viele hauptberufliche Trainer, die alle fest angestellt und sozialversichert seien.

„Darüber hinaus gibt es eine freiwillige DIN-Norm für Fitnessstudios, die neben Posten wie Ausstattung und Prozessmanagement auch das Thema Personalqualifikation berücksichtigt“, sagt Bernhard Allmann, Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement mit Sitz in Saarbrücken.

Allerdings ist Fitnesstrainer kein rechtlich geschützter Beruf. „Eine spezielle ‚TÜV-Prüfung‘ für Trainer gibt es in Deutschland nicht“, sagt Allmann. Es wird also nicht von offizieller Seite kontrolliert, wie gut die innerbetrieblichen Ausbildungen der Fitnessstudios wirklich sind.